»Ich kann laufen so wie du«

Vor 50 Jahren gründeten Eltern den Verein Lebenshilfe / Down-Syndrom-Marathonstaffel

  • Andreas Heinz
  • Lesedauer: 3 Min.
»Ich kann laufen so wie du«

Julian rennt. Der 28-jährige Berliner mit Down-Syndrom trainiert seit einem Jahr für den 160 Kilometer langen Marathon-Staffellauf am 20. und 21. März auf dem Berliner Mauerweg. Am Tag des Frühlingsanfangs wird Julian Peer van Schaik mit vielen anderen behinderten und nicht behinderten Läuferinnen und Läufern zum Zieleinlauf im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark im Bezirk Pankow erwartet. »Eine irre Idee nimmt ihren Lauf« ist das Motto dieser Sportveranstaltung zum 50-jährigen Bestehen des Vereins Lebenshilfe Berlin. »Am selben Tag findet im Ludwig-Jahn-Stadion »das erste inklusive Sportfest für alle Menschen mit und ohne Behinderung statt«, teilte Vereinsvorsitzender Ulrich Arndt gestern weiter mit. Nach den Leichtathletikdisziplinen Weitsprung, Sprint, Ballweitwurf und Hürdenlauf sollen alle Teilnehmer mit den Mauerstaffelläufern die letzten 500 Meter gemeinsam ins Ziel laufen

»Mit diesem Lauf wollen wir ein Zeichen für die Leistungsfähigkeit von Menschen mit geistiger Behinderung setzen. Der Lauf soll helfen, gesellschaftliche Denkmauern zu durchbrechen«, so Stefan Schenck, Vorsitzender des Sportclubs Lebenshilfe. Gestartet wird am 20. März um 8 Uhr am Amphitheater im Mauerpark an der Bernauer Straße. Im Stadion werden die Läufer am nächsten Tag gegen 11 Uhr erwartet. Begleitet werden die Sportler von ihren Laufpaten sowie Ultraläufern, die die 160 Kilometer in einem Stück hinter sich bringen möchten.

Warum gerade der 21. März zum internationalen Down-Syndrom-Tag gewählt wurde, erklärte Rennleiter Thomas Kaupel: »Jeder Mensch hat 21 Chromosomen, die je zwei Mal vorhanden sind. Menschen mit Down-Syndrom haben das 21. Chromosomen drei Mal. Das ist keine Krankheit, sondern ein genetischer Defekt.«

»Vor einem halben Jahrhundert wurden geistig behinderte Menschen von der Gesellschaft noch als Problem angesehen«, erinnerte Lebenshilfe-Chef Arndt. Deshalb taten sich im März 1960 Eltern zusammen, deren Kinder das Down-Syndrom hatten. »Sie wollten darüber sprechen, was sie bedrückt und wie sie ihren Kindern helfen können«, so Arndt weiter. Lebenshilfe-Vereine gibt es bundesweit.

Die Berliner Lebenshilfe, wie alle anderen eine Elternselbsthilfe-Initiative, betreut rund 1000 Menschen mit geistiger und Mehrfachbehinderung. »Oft kommen Spastik oder Epilepsie hinzu«, machte Arndt aufmerksam. »Wir wollen die Menschen darin unterstützen, gleichbestimmt zu leben.«

Dazu bietet der Verein eine Integrationskindertagesstätte mit 170 Plätzen, individuelle Angebote wie Appartementwohnen, betreutes Einzelwohnen, ambulant betreute Wohngemeinschaften sowie Betreuung rund um die Uhr. Obendrein gibt es sechs sozialpädiatrische Zentren. Die Mitarbeiter des Vereins kümmern sich auf Wunsch auch stundenweise um Kinder und Jugendliche mit Behinderungen und ihre Familien. Ein weiteres Projekt bietet Hilfe für Eltern mit Lernbeeinträchtigungen und ihre Kinder. Zur Unterhaltung stehen Freizeit- und Sportangebote auf dem Programm.

»Damit jeder dazu gehört« hat sich der Verein zum Leitmotiv gemacht. Bei den Sportveranstaltungen heiße es »Ich kann laufen so wie du und ich laufe auf dich zu«, sagte Kaupel.

Lebenshilfe e. V., Heinrich-Heine-Str. 15, Mitte
www.lebenshilfe-berlin.de

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