Unternehmen »Jamaika«

Grüne wegen Spenden in Erklärungsnot

  • Oliver Hilt, Saarbrücken
  • Lesedauer: 3 Min.
Von den Spenden des FDP-Politikers Hartmut Ostermann an die saarländischen Grünen wusste offenbar nur die Parteispitze. Nach der LINKEN fordert auch die SPD Neuwahlen.

Der Ton zwischen der rot-roten Opposition und den saarländischen »Jamaikanern« wird immer rauer. Nach dem Fraktionsvorsitzenden Oskar Lafontaine und anderen Spitzenpolitikern der LINKEN hat nun auch der SPD-Landesvorsitzende Heiko Maas Neuwahlen gefordert. Der Grund: die üppigen Parteispenden des Unternehmers und FDP-Politikers Hartmut Ostermann für den grünen Landtagswahlkampf im vergangenen Jahr. Bei den Grünen selbst hat bis vor Kurzem nur ein kleiner Kreis um den Landesvorsitzenden Hubert Ulrich von den Spenden Ostermanns über 47 500 Euro allein im Wahljahr gewusst.

Für Lafontaine hat der von der LINKEN und der SPD eingesetzte Untersuchungsausschuss »Unternehmerische Einflussnahme auf die Regierungsbildung« noch vor seiner ersten Sitzung einen Erfolg erzielt. Ostermann sei deswegen »gezwungen« gewesen, die Spendensummen seiner Hotelkette »Victor’s« an Saar-Parteien zu benennen. Nicht nur Lafontaine ist sich sicher: Hätten die Bürger vor der Wahl von Ostermanns Spenden an die Grünen gewusst, hätten sie der Partei »nicht über die Fünf-Prozent-Hürde geholfen«. Deshalb seien Neuwahlen »wünschenswert«, auch wenn er nicht damit rechne, dass die »Ostermännlein auf der Regierungsbank« dies mitmachen würden.

Für den parlamentarischen Geschäftsführer der Linksfraktion, Heinz Bierbaum, stellt sich die grundsätzliche Frage, ob die saarländische Landesregierung eine Legitimationsgrundlage habe. Schließlich stehe die politische Kultur des Landes in Frage, »und das ist nur einfach so dahingesagt«.

Die SPD weist darauf hin, dass die Spende Ostermanns fast ein Viertel des grünen Wahlkampfetats ausgemacht habe. »Jeder mit gesundem Menschenverstand« könne davon ausgehen, dass es in einem solchen Fall »Erwartungshaltungen« gebe, betonte Maas. Und das erst recht, wenn der Spender bei den Koalitionsverhandlungen mit am Tisch sitze. Dass Ostermann nicht nur mitverhandelte, sondern jetzt auch dem Koalitionsausschuss angehört, ist für Maas ein Hinweis darauf, dass bei der Koalitionsentscheidung wohl »nicht nur politische Dinge eine Rolle gespielt« hätten.

In der Diskussion ist auch die Informationspolitik der grünen Parteiführung. Nach Angaben von Ulrich seien lediglich vier Personen über die Spenden informiert gewesen: er selbst, Generalsekretär Markus Tressel, Landesgeschäftsführer Thomas Tressel und Schatzmeisterin Ingrid Britten. Selbst die Co-Vorsitzende Claudia Willger-Lambert räumte ein, »bis vor Kurzem nichts gewusst« zu haben. So sei sie in den Gesprächen und Verhandlungen »völlig unbefangen« gewesen.

Ulrich bestätigte, seine Partei habe für Spenden geworben, »auch bei Victor’s«. Vehement bestritt er jedoch erneut jegliche Einflussnahme Ostermanns. Einen Beleg dafür »gibt es einfach nicht«. Im Gegenteil – die Grünen hätten ihre Wahlversprechen »zu 90 Prozent im Koalitionsvertrag« umgesetzt. Beim entscheidenden Parteitag sei es nur um die Inhalte gegangen, nicht um Spenden. »Ich wollte eine völlig freie, unbefangene, unbelastete Diskussion über politische Themen«, begründet Ulrich die Tatsache, dass die Parteibasis nichts über die Spenden erfahren hatte.

Von einer unbelasteten Diskussion kann an der Parteibasis allerdings kaum noch die Rede sein. Bereits im Januar, also noch bevor die Informationen über die Spenden Ostermanns bekannt wurden, hatte ein Dutzend Mitglieder, unter anderem von der Grünen Jugend, das »Aktionsbündnis Sonnenblume« ins Leben gerufen und mehr Transparenz gefordert. Inzwischen haben auch Kreisvorsitzende, die von den Spenden erst aus den Medien erfahren haben wollen, Klärungsbedarf angemeldet.

Derweil erwartet die Opposition vom Untersuchungsausschuss weitere Aufklärung über die Bildung der ersten »Jamaika«-Koalition auf Landesebene. Die erste Sitzung soll noch vor Ostern stattfinden.

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