Ökostadt für 50 000 Menschen

Im Ruhrgebiet soll nach dem Kulturhauptstadtjahr 2010 eine Musterkommune entstehen

  • Rolf Schraa, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.
Noch steht der Ort nicht fest, aber ab 2011 soll eine der Städte im Ruhrgebiet zur Ökokommune umgebaut werden. Welche Stadt den Zuschlag bekommt, ermittelt eine Jury in einem Wettbewerb, der am 22. März offiziell ausgerufen wird.

Essen. Wenn das Kulturhauptstadtjahr Ende 2010 zu Ende geht, plant das Ruhrgebiet ein neues Großprojekt mit bundesweiter Ausstrahlung: Mitten im ehemaligen Kohlerevier soll eine 50 000-Einwohner-Stadt mit allen derzeitigen technischen Möglichkeiten zur Ökostadt umgebaut werden. Anvisiert sind gut 50 Prozent Kohlendioxid-Einsparung – durch Wärmedämmung der Häuser, Optimierung der Industrie, Elektroautos, Windräder und Solaranlagen. Zugleich soll die ganze Stadt saniert und erneuert werden – ein Sechser im Lotto für jeden Bürgermeister. Die Investitionshöhe wird bisher nicht genannt, aber sie dürfte enorm sein. Die Industrie hofft, einen Großteil der Kosten durch Verkauf des Know-hows an andere Städte und durch Export wieder herein zu bekommen.

500 Elektro-Autos

Anfang März beschloss die Vollversammlung des Initiativkreises Ruhr, in dem die großen Unternehmen im Revier organisiert sind, den Start des Projekts, wie der Initiativkreis mitteilte. Das Land beteiligt sich und steuert zunächst 500 000 Euro bei. Das ganze Projekt startet im Oktober 2010 mit der Festlegung der Musterstadt oder des Muster-Stadtteils. Es ist auf zehn Jahre angelegt. In der sogenannten Innovation City würden dann verschiedene Kohlendioxid-Sparmöglichkeiten erstmals im Großversuch koordiniert umgesetzt, sagte der Projektleiter im Initiativkreis, der ehemalige Degussa- und Evonik-Vorstand Alfred Oberholz. Geplant sei etwa das Durchsanieren des gesamten Gebäudebestandes nach Möglichkeit bis auf Passivhausniveau. 500 Elektro-Autos, Wärmepumpen, Kraft-Wärme-Kopplung, Klein-Windräder für Mietshäuser und Solaranlagen sollen für umweltfreundliche Energieerzeugung sorgen.

Zugleich soll die Musterstadt baulich verschönert und etwa mit abgesenkten Bordsteinen für ältere Menschen zugänglicher werden. Schon jetzt hätten sich viele Ruhrgebietsbürgermeister und die EU interessiert. Am Ende werde eine Kommune ausgewählt, die in etwa dem statistischen Durchschnitt des Ruhrgebiets entspricht – also zwei Drittel der Fläche Wohnen, ein Drittel Gewerbe und Industrie, so Oberholz. »Ein reiner Industriestandort wird es genauso wenig wie ein ländlicher Ort.«

Ferngesteuerte Kühltruhen

Die Macher denken an moderne Energiesparkonzepte wie die Vernetzung aller Stromhaushalte über eine Leitzentrale. In Phasen hohen Energiebedarfs könnten dann nicht genutzte Stellen für kurze Zeit aus der Ferne abgestellt werden, ohne dass die Bewohner dies überhaupt bemerken. »Kühltruhen können Sie zum Beispiel ohne Probleme für zehn Minuten abschalten«, sagt Oberholz. Ein Elektro-Stadtbus soll für ältere Leute kostenlos verkehren.

Die Initiatoren erhoffen sich Imagewerbung für das Ruhrgebiet und zugleich praktische Erfahrungen mit bisher in diesem Umfang nicht erforschten Energiespartechniken. Weltweit gebe es ähnliche Projekte bisher nur in Malmö, wo ein Viertel abgerissen und unter Öko-Gesichtspunkten neu aufgebaut wurde, und in Abu Dhabi.

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