Nachhaltige Visionen

»Die 4. Revolution – Energy Autonomy« fordert Demokratisierung des Energieverbrauchs

  • Angelika Nguyen
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Film »Die 4. Revolution – Energy Autonomy« beschwört eine Vision: Die Menschheit befreit sich in den nächsten 30 Jahren von fossiler und atomarer Energieerzeugung. Am Donnerstag startet der Film von Carl-A. Fechner in ausgewählten Kinos.

Ein Dorf in Mali. Auf dem Dach des Krankenhauses wird eine winzige Solaranlage installiert. Dieses Solarmodul, das Sonnenenergie direkt in elektrische Energie verwandelt, wird die Arbeit der Hebammen auf der Station entscheidend verändern. Sie müssen die Taschenlampen nie mehr zwischen Kopf und Schulter klemmen, während sie Müttern helfen, ihre Babys auf die Welt zu bringen. Diese Hütte in Mali hat fortan ihre eigene Stromquelle.

Damit ist sie sogar dem Energieversorgungsnetz einer Stadt wie Los Angeles überlegen. Die zentralen Energienetze, so der Film, machen abhängig von herkömmlichen Energiequellen, sind unflexibel und teuer. Autonomie durch Dezentralisierung ist für Regisseur Carl-A. Fechner einer der wichtigsten Aspekte der Erzeugung erneuerbarer Energie. Er nennt das Demokratisierung des Energieverbrauchs.

Der Film »Energy Autonomy« beschwört eine Vision: Die Menschheit befreit sich in den nächsten 30 Jahren von fossiler und atomarer Energieerzeugung, welche nachgewiesenermaßen umweltschädlich und gefährlich ist, und nutzt fortan erneuerbare Energien wie Sonne, Wind, Laufwasser und Erdwärme. Ist das möglich? Diese zentrale Frage durchzieht den Film und er plädiert leidenschaftlich für Ja.

Nicht zufällig sind die teils berühmten Protagonisten des Films auch Vorkämpfer für soziale Gerechtigkeit. »Mehr als zwei Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu Licht, zu einer Lampe bei sich zu Hause. Wir brauchen eine Institution, die über die Menschen nachdenkt, die das heutige Energiesystem vergessen hat«, stellt Ibrahim Togola, Gründer und Chef des »Mali-Folkecenter«, fest. Kronzeugen des Films sind unter anderem Hermann Scheer, SPD-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Weltrats Erneuerbare Energie, Muhammad Yunus, der berühmte Armenbanker in Bangladesch, und die Regenwaldaktivistin Bianca Jagger.

Das Image des Elitären, Unbezahlbaren, das nachhaltiger Energieerzeugung in den extrem zentralisierten Industrieländern immer noch anhaftet, will der Film abschaffen helfen. Dafür spricht jenes Experiment in einem gewöhnlichen Mietshaus in Pfungstadt, das zu 80 Prozent von ALG-II-Beziehern bewohnt wird. Dort wurde eine Solaranlage installiert, die zur drastischen Senkung der Betriebskosten führte. Sie gehen immer mehr gegen Null. »Erneuerbare Energien sind Energien für Arme«, sagt Carl-A. Fechner.

Der Film ist auch unbequem. Er macht deutlich, dass die »vierte Revolution«, also der globale Übergang zu 100 Prozent erneuerbaren Energiequellen, nicht von selbst geschehen wird. Die Verantwortlichkeit des Einzelnen wird betont. Zurücklehnen in den Kinosessel ist nicht. Der Film ist ein Appell an das Publikum. Saniert eure Häuser und eure Köpfe! Denn wenn ihr euch mit dem Thema beschäftigt, vor Kostenvoranschlägen, Behördengängen, Briefwechseln mit Vermietern nicht zurückschreckt, ist die Zukunft da.

Nicht alle haben Interesse daran. Hermann Scheer benennt klar die Gegner: »Erneuerbare Energien provozieren den Strukturwandel in der Energiewirtschaft.« Die Energiebosse haben viel zu verlieren. Sie haben die Gewohnheit der Menschen auf ihrer Seite. Das will der Film mit ändern helfen.

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