Henri Quatre und der Zauberer

Sehenswertes im Buddenbrookhaus Lübeck

  • Lutz Gallinat, Lübeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Zwei besondere Ausstellungen werden derzeit im Lübecker Buddenbrookhaus gezeigt: Die Präsentation zur Heinrich Mann-Verfilmung »Henri Quatre« und die Thomas-Mann-Sonderschau »Mario und der Zauberer und die Schatten des Faschismus«. Beide sind sehenswert, und sie stehen durchaus in Wechselwirkung.
Das Heinrich-und-Thomas-Mann-Zentrum im Lübecker Buddenbrookhaus begleitet derzeit den Kinostart des Films »Henri 4« mit einer Präsentation, in der Kostüme, Requisiten des Films sowie Dokumente aus dem Umfeld der Entstehung und Wirkung der Henri-Quatre-Romane Heinrich Manns gezeigt werden.

Seine umfangreichen Romane »Die Jugend des Königs Henri Quatre« (1935) und »Die Vollendung des Königs Henri Quatre« (1938), sein größtes und reifstes Werk, schrieb Heinrich Mann im französischen Exil. Nach jahrelangen intensiven Recherchen schildert er darin Leben und Wirken des lebenszugewandten jungen Königs von Navarra, welcher – der hugenottischen Minderheit angehörend – im Frankreich des 16. Jahrhunderts dem sinnlosen Töten der Glaubenskriege zwischen Hugenotten und Katholiken ein Ende machen will. Und der fortan sein Streben nach dem Königsthron mit dem Kampf für den Religionsfrieden verbindet.

Verweis auf den Faschismus

Henri überlebt das Gemetzel der Bartholomäusnacht, er wechselt mehrfach seinen Glauben, er kämpft und taktiert. Dabei reift er zu einem Monarchen, den die Zeitgenossen und Heinrich Mann einen der ersten wahren Humanisten nennen. Heinrich Manns Darstellung der fanatischen Hassprediger und Gegner Henris verweist dabei auf die nationalsozialistischen Hassparolen, die zeitgleich zur Entstehung des Romans das Leben in Deutschland aber auch in Italien bestimmten.

Im faschistischen Italien spielt bekanntlich »Mario und der Zauberer«, die berühmte Novelle Thomas Manns. »Die Erinnerung an Torre di Venere ist atmosphärisch unangenehm.« Mit diesem ersten Satz stimmt Thomas Mann die Leser auf ein »tragisches Reiseerlebnis« ein. Das Buddenbrookhaus widmet diesem »vollendeten kleinen Meisterwerk« achtzig Jahre nach dessen Erstveröffentlichung jetzt eine Sonderausstellung.

Auf beispiellose Weise fängt die Novelle die damalige gesellschaftliche Stimmung ein. Und sie konnte 1930 auch als Mahnung vor dem Nationalsozialismus in Deutschland gelesen werden. Thomas Mann behandelt eine für die Geschichte des 20. Jahrhunderts verhängnisvolle Problematik und zugleich ein zeitloses Thema: Die Verführbarkeit des Einzelnen und der Masse.

Viele Lesarten

Doch die Ausstellung zeigt nicht nur eine, sondern erläutert viele Lesarten dieses zentralen Textes: Philosophie und Psychologie, Ethik und Politik spielen ebenso eine Rolle wie das Italienbild Thomas Manns und die Problematik des Künstlers, die den »Zauberer« Thomas Mann beschäftigte.

Mit einer Fülle von seltenen Originalzeugnissen beleuchtet die Ausstellung diese Motive und Kontexte in der Entstehungs-, Publikations- und Wirkungsgeschichte der Novelle: Vom Manuskript Thomas Manns bis zum Film Klaus Maria Brandauers, von den frühesten bis zu den spätesten Reaktionen, von privaten Briefen Thomas Manns über historische Fotografien und politische Reden bis zum Ballett Luchino Viscontis.

Die Ausstellung »Henri Quatre« im Lübecker Buddenbrockhaus ist noch bis zum 11. April zu sehen, die Sonderschau zu »Mario und der Zauberer« wird bis zum 20. Juni gezeigt.

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