Mahnung an Ankara

Grass ruft zu Entschuldigung bei Armeniern auf

  • Lesedauer: 2 Min.
Der deutsche Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass hat die Türkei aufgerufen, sich ihrer Geschichte zu stellen und sich bei den Armeniern für die Massaker im Ersten Weltkrieg zu entschuldigen.

Istanbul/Malatya (AFP/dpa/ND). Wie Deutschland trage auch die Türkei eine schwere historische Last, sagte der Schriftsteller nach Presseberichten vom Donnerstag bei einem Besuch in Istanbul. Er erinnerte an den Kniefall des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt an der Gedenkstätte des Warschauer Gettos im Jahr 1970. Für die Türkei sei die Zeit für eine ähnliche Geste gekommen, sagte Grass.

Bei Massakern und Todesmärschen in der Endphase des Osmanischen Reiches waren bis zu 1,5 Millionen Armenier getötet worden. Armenien und ein Großteil der internationalen Forschung bewertet die Massaker als Völkermord, eine Bezeichnung, die die Türkei strikt ablehnt. Grass betonte, er benutze den Begriff absichtlich nicht, weil die Türkei selbst entscheiden müsse, wie die Ereignisse zu benennen seien.

Unterdessen geht drei Jahre nach dem Mord an einem deutschen und zwei türkischen Christen der Prozess dem Ende zu. Vor dem Gericht in der südöstlichen Stadt Malatya wurden an diesem Donnerstag die Plädoyers der Verteidiger erwartet. Den fünf Hauptverdächtigen wird Mord und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.

Die Extremisten sind angeklagt, am 18. April 2007 in Malatya den 46-jährigen Deutschen Tilmann Geske und zwei zum Christentum übergetretene Türken getötet zu haben. Die Opfer waren in den Räumen eines kleinen Bibelverlages an Stühle gefesselt und mit Messern gefoltert worden, bevor ihnen die Kehlen durchgeschnitten wurden. Die Staatsanwaltschaft hat lebenslange Haft gefordert.

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