Ob Ost, ob West – die Kommunen sind pleite

Suhl: LINKE-Basis trifft sich zum Austausch über gemeinsame Probleme

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 2 Min.
Wenn heute in Suhl Mitglieder der LINKEN zu einem Ost-West-Basistreffen zusammenkommen, dann sollen sie nach dem Willen der Initiatorin Ina Leukefeld »miteinander und nicht übereinander sprechen.« Die Vize-Landesvorsitzende der Thüringer LINKEN gilt als Motor der Veranstaltung.

Das Suhler Ost-West-Treffen findet auf historischem Boden statt. »Im grünen Wald die rote Stadt, die ein zerschossen' Rathaus hat«, diese Aufschrift über der Rathaustür erinnert an den erfolgreichen Widerstand gegen den Kapp-Putsch vor 90 Jahren. Damals holten sich die Arbeiter in örtlichen Fabriken Waffen, vertrieben die Putschisten aus dem Rathaus und führten den Generalstreik auch nach dem Putsch-Ende zwei Wochen weiter. Suhl galt als Hochburg von USPD und KPD. Ein Hauch davon stellte sich 2009 wieder ein, als die LINKE hier das Direktmandat für den Landtag und Bundestag eroberte und sich als stärkste Rathausfraktion behauptete.

Doch die Aufbruchstimmung der frühen 1920er Jahre liegt lange zurück. Auch in Suhl hat die Deindustrialisierung in den 1990er Jahren Spuren hinterlassen und die Einwohnerzahl von 56 000 auf 40 000 gedrückt. Die neue Thüringer Wald-Autobahn hat zwar keine üppige Gewerbeansiedlung gebracht, macht es aber für mobile Suhler möglich, als Tages- und Wochenendpendler in Nürnberg, Würzburg, Erfurt und anderswo zu arbeiten.

»Ohne die Autobahn hätte es wohl noch mehr Abwanderung von Wohnbevölkerung gegeben«, vermutet Holger Auerswald, Chef der Linksfraktion im Suhler Rathaus. Er pflegt seit Jahrzehnten gute Kontakte zu Klaus Jann von der LINKEN im rheinischen Wülfrath und wird mit ihm zusammen den »Workshop« über die NRW-Wahl und linke Kommunalpolitik bestreiten.

Dass manche in der Partei aus dem Osten den NRW-Landesverband für »fundamentalistisch« halten sollen, kann Auerswald nicht nachvollziehen: »In der Partei gibt es verschiedene Denkweisen. Das bereichert, damit müssen wir uns auseinandersetzen.«

Auerswald weiß, dass industrieller Kahlschlag und kommunale Finanznot auch den tiefen Westen erfasst haben. Angesichts hoffnungsloser Überschuldung der Stadt und drohender Entmündigung durch die kommunalen Aufsichtsbehörden sieht er das »Ende der Fahnenstange« erreicht und stellt sich die Frage, ob nicht massenhafter, flächendeckender Ungehorsam der Kommunen gegen das Finanzdiktat der Aufsichtsbehörden angebracht ist. »Ich sehe kein Land«, bestätigt Stadtverbandsvorsitzender Reiner Miersch, der als Stadtratsmitglied dem kommunalen Finanzausschuss vorsteht und die desaströse Kassenlage bestens kennt. So dürften die in Suhl versammelten Linksaktivisten jede Menge Gesprächsstoff haben.

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