Angespannte Atmosphäre

Am 1. Mai drohen Zusammenstöße zwischen Linken, Rechten und der Polizei

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

Feste, Kundgebungen, Demonstrationen – am 1. Mai werden zehntausende Menschen in Berlin auf die Straßen gehen. Krawalle und Zusammenstöße sind dabei nicht auszuschließen. Sorgen bereitet vor allem, dass Neonazigruppen zum ersten Mal seit 2004 wieder in der Hauptstadt aufmarschieren wollen. Der Zug wird voraussichtlich mit über 1000 Teilnehmern am 1. Mai um 12 Uhr am S-Bahnhof Bornholmer Straße in Pankow beginnen. Die Strecke soll über die Schönhauser Allee Richtung Osten parallel zur S-Bahn verlaufen.

Einen ungemütlichen Empfang wollen linke Gruppen den aus dem gesamten Bundesgebiet anreisenden Rechtsextremen bereits am Abend des 30. April bereiten. Die Antifaschisten werden in Schöneweide am 65. Todestag Adolf Hitlers unter dem Motto »Zum Führer mit ›Zum Henker‹« gegen die dort ansässige berüchtigte Nazikneipe demonstrieren. Sie erwarten, dass sich viele angereiste Nazis bei einem Rockkonzert in dem Lokal aufhalten werden. Einen Vorgeschmack auf friedliche Proteste gab es schon in der Nacht zum Montag: Antifa-Gruppen besprühten die NPD-Bundeszentrale in Köpenick und das Nazilokal »Destille« in Treptow mit rosa Farbe.

Um den Nazi-Aufmarsch in Pankow zu verhindern, hat das linke Bündnis »1. Mai – Nazifrei!« zu Blockaden aufgerufen. Mehrere tausend Teilnehmer werden erwartet. Die Demonstration wird aber voraussichtlich von der Polizei eskortiert. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat angekündigt, die Beamten würden gegen Blockaden vorgehen. Ansonsten könnte die Route kurzfristig geändert werden, um die Gegendemonstranten zu verwirren.

Dass sich viele Neonazis am 1. Mai in Berlin aufhalten, könnte auch für die Gewerkschafter zum Problem werden. Denn der Deutsche Gewerkschaftsbund ruft dieses Jahr unter der Parole »Gute Arbeit, Gerechte Löhne, Starker Sozialstaat« zur traditionellen Demonstration am Tag der Arbeit auf. Dass Rechtsextreme versuchen, die Gewerkschafts-Veranstaltung, wie etwa vergangenes Jahr in Dortmund, anzugreifen, ist nicht auszuschließen.

Auch im Vorfeld der jährlich stattfindenden Revolutionären 1. Mai Demonstration in Kreuzberg ist die Atmosphäre angespannt. Die massiven Ausschreitungen 2009 haben Innenpolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum Anlass genommen, Kritik an der Deeskalationsstrategie der Berliner Polizei zu üben. Sie forderten kürzlich ein härteres Durchgreifen der Beamten. Auch Frank Henkel, Fraktions- und Landesvorsitzender der Berliner Union, meinte, die Krawalle könnten größere Ausmaße annehmen als vergangenes Jahr. Deshalb müssten die Beamten vor den möglichen Ausschreitungen bestmöglich geschützt werden.

Nicht von den Auseinandersetzungen in Mitleidenschaft gezogen werden soll das bürgerliche Kreuzberger Myfest. Die Polizei will Fest und Demonstration möglichst voneinander trennen. Statt wie geplant am Kottbusser Tor zu starten, beginnt die Demonstration deshalb um 18 Uhr bei der Kottbusser Brücke nahe der Grenze zu Neukölln. Etwa 10 000 Teilnehmer fordern dieses Jahr: »Die Krise beenden – Kapitalismus abschaffen«. Dabei soll vor allem gegen die Verdrängungsprozesse ärmerer Menschen durch höhere Mieten demonstriert werden. Der Zug ist bis 23 Uhr angemeldet und soll dann am Spreewaldplatz enden. Begleitet wird die Demonstration von mehreren Hundertschaften. Insgesamt werden mindestens 5000 Polizisten am 1. Mai in Berlin im Einsatz sein.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal