Das Risiko Freiheit

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Frage, wie viel Freiheit der Mensch verträgt, wird nie eine gültige Antwort erfahren. Freilich: Zur Erledigung der Frage trägt diese Erkenntnis kaum bei. Freiheit ist die große Versuchung, das noch größere Recht und das größte Risiko, das sich der Mensch zumutet. Hat sie Fesseln, verlieren wir sie; hat sie keine Grenzen, verlieren wir uns. In Freiheit wird alles schöner und schwieriger, luftiger und zugiger.

Das gilt auch für die Pressefreiheit, heute hat sie ihren Welttag. Erinnerung an ihre Enthüllungskraft, die schon Weltmacht-Präsidenten stürzte; Gedenken an jene Reporter, die auf Berufswegen getötet wurden, weil es Wege zur Wahrheit waren – die vierte Gewalt hilft Gewalt zu bannen, sie ist immer wieder auch deren Opfer. Die Kostbarkeit der Pressefreiheit, in unseren Gefilden Selbstverständlichkeit, wird leider nach wie vor beglaubigt auch durch die Kostbarkeit jener Leben, die sie kostet.

Wer aus dem Osten in den Westen kam, bedenkt den Wert dieser Freiheit mit erhöhter Innigkeit. Auch Journalisten. Im Sozialismus mussten wir schreiben, was wir sollten, heute müssen wir schreiben, was wir können – die Zeiten wurden schwieriger. Aus der Not, dass damals vieles nicht publik werden durfte, wurde neue Not: dass jeder alles veröffentlichen darf. Pressefreiheit ist daher nicht nur die Freiheit des Schreibers, sondern auch die des Lesers. Und wie jede Freiheit ist sie Prüfung eines hohen Lebensgutes – unseres Unterscheidungsvermögens.

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