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Blicke ins Herz des NS-Systems

Das Dokumentationszentrum »Topographie des Terrors« wurde neu eröffnet

  • Tobias Riegel
  • Lesedauer: 2 Min.
Nach Jahren des Streits um die angemessene Präsentation wurde gestern in Berlin das neue Dokumentationszentrum der »Topographie des Terrors« eröffnet.
Berlins Regierender Bürgermeister Wowereit (l) und der Direktor der »Topographie«-Stiftung Nachama
Berlins Regierender Bürgermeister Wowereit (l) und der Direktor der »Topographie«-Stiftung Nachama

Es sind die offenen Narben der deutschen Geschichte. Die freigelegten Keller der ehemaligen NS-Terrorzentrale am einstigen »Prinz-Albrecht-Palais« in der Mitte Berlins ziehen sich als tiefe Einschnitte durchs Regierungsviertel. Direktere Einblicke ins Herz der faschistischen Gewaltherrschaft kann man kaum nehmen als an diesen rohen, teils gekachelten Mauerresten, die einst Reichssicherheits-Hauptamt, Gestapo, SS und Planungsbüros für den Holocaust beherbergten. Diese stummen Zeugen sind nun um ein angemessenes Dokumentationszentrum mit Ausstellung und Bibliothek ergänzt worden. Gestern wurde die so erneuerte »Topographie des Terrors« von Bundespräsident Horst Köhler wiedereröffnet. Es handle sich um einen »Ort für schmerzhafte Fragen«, sagte Köhler. »Hier arbeiteten die Verantwortlichen – Schreibtischtäter und solche, die selbst quälten und mordeten.«

»Garstig« nennt Andreas Na-chama, Direktor der Stiftung Topographie des Terrors, den Charakter, den der »Lernort«, wie er das Dokuzentrum nennt, haben sollte. Wie eine »offene Wunde« solle es in der Mitte der Stadt liegen. Und das ist nach den Plänen von Architektin Ursula Wilms und Landschaftsarchitekt Heinz Hallmann vollauf gelungen. Bedeckt mit grobem Geröll und sich farblich ausschließlich in einer Skala verschiedener Grautöne bewegend, wecken das Gelände und der neue Flachbau schon von weitem bedrückende Assoziationen – und machen klar: Hier wächst kein Gras mehr über die Geschichte der Täter.

Das ist nicht selbstverständlich, denn gestern ging ein jahrzehntelanger, unwürdiger Umgang mit dem Gelände und der Nazi-Geschichte zu Ende. Erst 1987 gelang es schließlich engagierten Bürgern, das Areal dem Verfall zu entreißen. Seit dem tobte ein Streit über die angemessene Präsentation der »Agenturen der Täter« (Nachama).

Die Ausstellung zeigt nun – durchaus irritierend – viele selbstzufriedene Nazischlächter, erklärt nüchtern das System von »SS-Staat« und Polizeiterror. Ein Wunsch von Nachama wird sich wahrscheinlich erfüllen: »Ich will, dass die Besucher die ›Topogra-phie‹ mit mehr Fragen verlassen, als sie sie betreten haben.«

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