Rückschlag für Indiens Linksfront

Westbengalen: Trinamool Congress Wahlsieger

  • Hilmar König
  • Lesedauer: 2 Min.
Bei den Kommunalwahlen im indischen Unionsstaat Westbengalen hat die Linksfront eine schmerzliche Niederlage hinnehmen müssen. Die Oppositionspartei Trinamool Congress (TC) setzte sich sowohl in der Metropole Kolkata (früher Kalkutta) als auch in den meisten Distrikten durch.

TC-Chefin Mamata Banerjee, die zugleich Indiens Eisenbahnministerin ist, wurde von Aktivisten ihrer Partei in Kolkata ein jubelnder Empfang bereitet. Kurz zuvor war das Resultat der Kommunalwahlen vom Sonntag zu 81 Stadtverwaltungen bekannt gegeben worden. Der TC errang in Kolkata 95 von 141 Sitzen im Stadtparlament. Die in Westbengalen seit fast 34 Jahren regierende Linksfront kam auf 33 Sitze, die Kongresspartei auf zehn und die Indische Volkspartei (BJP) auf drei Sitze. Auch in der Mehrzahl der Distrikte setzte sich der Trinamool Congress durch.

Banerjee bewertete den Wahlsieg als unmissverständliche Botschaft der Wähler an die Linksfront, abzutreten und den Weg für Neuwahlen zur Volksvertretung Westbengalens freizumachen. Die Front habe die »moralische Autorität zum Regieren verloren«.

Sitaram Yechury, Politbüromitglied der KP Indiens (Marxistisch), sprach von einem »Rückschlag« für die Linken. Der seit mehr als einem Jahr sichtbare Abwärtstrend sei zwar gestoppt, nicht aber umgekehrt worden. Die westbengalische Linksfront hatte bereits bei Gemeinderatswahlen 2008 und bei den Parlamentswahlen 2009 eklatante Einbußen erlitten. Im Parlament in Delhi sank ihre Abgeordnetenzahl von 35 auf 15. Yechury gab zu bedenken, dass bei den jetzigen Kommunalwahlen allerdings nur die städtische Bevölkerung erfasst wurde. Diese mache lediglich 17 Prozent der Wählerschaft Westbengalens aus. Biman Bose, der Linksfrontvorsitzende, resümierte: »Wir müssen untersuchen, was wir falsch gemacht haben, und das korrigieren.« Die Linken müssten mehr an die Interessen der Menschen denken und dafür entsprechende Programme vorlegen. »Wir werden versuchen, den Schaden zu reparieren«, sagte Bose. Die KP Indiens wertete das Ergebnis als »enttäuschend«. Es reflektiere die »Entfremdung« der Linksfront in diesem Unionsstaat.

Die Medien interpretierten Banerjees Erfolg als Signal für den TC, die Macht in der »roten Bastion« Indiens zu übernehmen, in der sich tiefe Risse zeigten. Das Schwinden der Popularität der Linken wird vor allem damit erklärt, dass Chefminister Buddhadeb Bhattacharjee von der KPI (M) mit seinem »aggressiven Industrialisierungskonzept« auf energischen Widerstand in der Bevölkerung gestoßen ist, den der TC zum beträchtlichen Teil organisierte. Die Kommunalwahlen waren von Anfang an als politischer Machtkampf verstanden und angegangen worden. Kommunale Probleme wie mangelhafte Infrastruktur, Trinkwasserversorgung oder Umweltverschmutzung und sanitäre Verhältnisse spielten im Wahlkampf, wenn überhaupt, nur eine untergeordnete Rolle.

ND-Karte: Wolfgang Wegener

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal