»Innerpolnischer Krieg« dauert an

Präsidentschaftskandidaten fordern zur »Einheit« auf, aber kein Pardon für die »Kommune«

  • Julian Bartosz, Wroclaw
  • Lesedauer: 2 Min.
Der amtierende polnische Präsident Komorowski will im Falle seines Sieges die NATO zum schnellen Rückzug aus Afghanistan drängen. Falls das im Bündnisrahmen nicht gelingen sollte, »wird Polen das Recht haben zu sagen: Wir sind bei dieser Mission seit neun Jahren dabei, es reicht.«

Auch von der Notwendigkeit, »den polnisch-polnischen Krieg zu beenden«, ist in der laufenden Kampagne zur Staatspräsidentenwahl zu hören. Der Kandidat der »Bürgerplattform«, Sejmmarschall Bronislaw Komorowski, kündigte die Parole »Eintracht baut auf« an, sein Kontrahent, der Parteichef von »Recht und Gerechtigkeit« und ehemalige Ministerpräsident, Jaroslaw Kaczynski, ruft aus: »Machen wir doch endlich Schluss mit dem polnisch-polnischen Krieg!«

Egal, wie man diese patriotischen Appelle bewerten mag – fest steht, dass diese von beiden Seiten unehrliche Umarmungsstrategie im zerstrittenen »Post-Solidarnosc-Lager« Grenzen hat. Das linke Wochenblatt »NIE« fragte, um welchen »polnisch-polnischen Krieg« es sich handele. In jenem, der seit 21 Jahren nicht aufhören will, gebe es weiterhin kein Pardon. Der Nachlass und die Traditionen der Volksrepublik Polen würden so traktiert, als ob es Polen ein halbes Jahrhundert nicht gegeben habe. Der »zweiten Republik« 1918-1939 wurde 1989/90 gleich die »dritte« angeschlossen. Die moralische Verteufelung ist gepaart mit gesetzlicher Diskriminierung jener Menschen, die sich in der alten Gesellschaftsordnung aktiv engagiert hatten – schreibt »NIE«. Das Blatt zitiert den weit von der Linken entfernten Soziologen Andrzej Walicki: »Polen zeigt sich als Land eines kriegerischen Pseudo-Antikommunismus, der alles aus der VRP verschmäht und verdammt, eines Antikommunismus ohne Kommunisten, der nicht gegen nicht existierende Kommunisten, sondern gegen Menschen mit einem Werdegang in der damaligen Zeit gerichtet ist.«.

Manches von diesem Pseudo-Antikommunismus ist noch recht milde. »Gazeta Wyborcza« schuf den Spruch »Die da dürfen weniger«, vermerkt »NIE«. Aber wie tief sich das Post-Solidarnosc-Lager auch zerstritt, in der Diskriminierungs- und Geschichtspolitik waren sich seine »Abzweigungen« immer einig. Die Wahlaktion Solidarnosc und die »Freiheitsunion« riefen gemeinsam das »Institut des Nationalen Gedächtnisses« ins Leben, und »Bürgerplattform« wie »Recht und Gerechtigkeit« beschlossen ebenfalls zusammen Diskriminierungsgesetze.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal