Mit Bodycheck Bahn frei für »Jammerin«

Aus der Punkszene zum Roller Derby, der neuen Trendsportart auf Rollschuhen

  • Lesedauer: 3 Min.
Lahm durch die Straßen eiern auf seinen Rollschuhen, das war gestern. Schnelle junge Frauen, die keine Angst vor ein paar blauen Flecken haben, geben statt dessen richtig Gas beim Roller Derby, dem neuen Trendsport, der Laufspaß, Taktik und Kampfgeist kombiniert. Außerdem ist das immer eine große Party, wie ND-Autor RENÉ GRALLA von JANINA MEYER (27) erfährt. Die Veranstaltungskauffrau aus Berlin-Kreuzberg hat vor zwei Jahren die »Berlin Bombshells« gegründet.
ND: Beim Roller Derby drehen die Teilnehmerinnen in einer Halle ihre Runden. Wie wird gepunktet?
Meyer: Jeweils zwei Teams à fünf Spielerinnen treten gegeneinander an. Vier sind die Blockerinnen und bilden zusammen das »Pack«. Sie sollen die Bahn frei halten für ihre fünfte Frau, die »Jammerin«. Die versucht, am Block der Konkurrenz vorbeizukommen und das Pack der anderen so oft wie möglich zu überrunden. Pro überholter Gegenspielerin gibt es einen Punkt. Ein »Bout«, das heißt, ein Wettkampf, geht über zwei Halbzeiten mit jeweils 30 Minuten.
Start zu jeweils 30 Minuten auf der Bahn.
Start zu jeweils 30 Minuten auf der Bahn.

Da sind wohl jede Menge Schiedsrichter notwendig?
Genau, insgesamt sieben, drei sind außen und vier sind innen auf den Bahnen im Einsatz.

Bei dem hohen Tempo auf der Bahn lassen sich Stürze kaum vermeiden.
Das passiert halt, denn beim Blocken sind Bodychecks erlaubt. Verboten allerdings sind Schubsen, Festhalten, Treten und Bein stellen. Wer das trotzdem macht, kriegt eine Zeitstrafe. Aber wir fahren ja mit Helm, Handschoner, Ellenbogenschoner, Knieschoner und Mundschutz.

Ursprünglich war Roller Derby in den USA professionelle Massenunterhaltung. Die ist dann pleite gegangen. Nun wurde es von jungen Frauen aus der Punkszene wiederentdeckt. Wie kam es dazu?
Ich denke, das ist eher Zufall gewesen, dass sich die Szene plötzlich für Roller Derby begeistert hat. So wie bei mir: Auch ich bin in der Punkrockszene unterwegs, und als ich zum ersten Mal mit Roller Derby in Berührung gekommen bin, habe ich gleich auch meine Freundinnen dazu verdonnert, bei uns einzusteigen. Inzwischen bestehen die Berlin Bombshells seit zwei Jahren, wir haben 40 Aktive, aber die Gruppe ist, trotz der Wurzeln in der Punkbewegung, absolut gemischt. Nicht alle Mädels sind tätowiert und haben bunte Haare.

Was ist der besondere Kick am Roller Derby?
Das Spiel schaut zwar oft ziemlich wüst aus, Leute fallen, in Wahrheit aber wird das Roller Derby stark von taktischen Elementen geprägt. Also auch deshalb sehr spannend.

»You rock, we roll!«, lautet Ihr Motto.
Das soll das Tempo und die Haltung im Spiel ausdrücken. Außerdem ist es für die Mädels richtig cool, dass jede einen eigenen Kampfnamen trägt. Ich zum Beispiel nenne mich »Foxy Führer«.

Wenn die Berlin Bombshells in die Arena rollen, sind graue Miniröcke zu wilder Kriegsbemalung angesagt. Das sieht ziemlich martialisch aus!
Wer dazu Bock hat, schminkt sich eben, und wer Bock auf eine Netzstrumpfhose hat, zieht eine Netzstrumpfhose an. Das bleibt jeder selbst überlassen und hängt von der Stimmung ab. Das ist der Partyfaktor bei Roller Derby. Hauptsache, das Trikot ist einheitlich.

In zwei Wochen empfangen Sie als Gäste die Brawl Saints aus London. Wer gewinnt das Duell?
Wir verlieren, die Londoner Mädels sind einfach momentan das stärkste Team in Europa. Aber wir werden viel Spaß haben! Vor allem auf der Party nach dem Spiel (lacht).

Immerhin machen Sie eine deutliche Ansage, bevor das Spiel beginnt.
Oh, ja, wir laufen ein zur Musik von »Cock Sparrer«. Das ist eine der berühmtesten englischen Oi!-Bands, mit ihrer Hymne »Take 'Em All« – »Schnapp' sie dir alle!«

Berlin Bombshells vs. Brawl Saints (London) am Sa, 26.06.10, Arena Treptow, Beginn: 18.30 Uhr, Eintritt: 10 Euro (Abendkasse); Trainingszeiten der Berlin Bombshells: Sa, 17 - 20 Uhr und So, 14 - 16 Uhr, Sporthalle Wrangelstraße 134, 10997 Berlin; weitere Infos: www.myspace.com/berlin_bombshells

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