Magneten in der City

In München hat Karstadt mehrere Häuser. Vom Inverstor Berggruen versprach man sich dort Sicherheit

  • Rudolf Stumberger, München
  • Lesedauer: 3 Min.
Dreitausend Beschäftigte arbeiten in den 13 Karstadt-Filialen in Bayern. Das Hin und Her um die Zukunft des Unternehmens sehen sie mit Sorge.

Es sind noble Reisekoffer und Taschen, die in den Auslagen von Karstadt Oberpollinger in der Münchner Fußgängerzone ausliegen, die Urlaubszeit naht. Drinnen kann man bei angenehmen Temperaturen durch die Verkaufsstände mit den Markenprodukten schlendern, das Kaufhaus wurde vor nicht langer Zeit umgebaut. Einen völlig anderen Eindruck macht dagegen das Karstadtkaufhaus an der Fürstenriederstraße im Münchner Stadtteil Laim. Die Scheiben der Schaufenster sind fast schon blind, das Gebäude ist verwaist, die Karstadt-Filiale geschlossen.

Streit um Gewerbemieten

Dieses Schicksal vor Augen hatten die rund 25 000 Mitarbeiter der Kaufhauskette mit ihren 120 Häusern in ganz Deutschland, nachdem die Mutterfirma Arcandor im Juni 2009 Insolvenz anmeldete. Als es dann hieß, der US-deutsche Investor Nicolas Berggruen wolle Karstadt einschließlich der 13 Filialen in Bayern mit ihren rund 3000 Beschäftigten kaufen, atmete man auch in München auf. Stefan Hertel vom Handelsverband Bayern sprach von einem guten Signal für den Einzelhandel. Und: »Es hätte schlimmer kommen können.«

Erleichtert gab sich auch die Gewerkschaft ver.di in Bayern. Der Verkauf an Berggruen sei für die bayerische Wirtschaft und die Mitarbeiter die beste Lösung. Ganz wichtig sei, so ein ver.di-Sprecher, dass er keine Arbeitsplätze abbauen wolle. Inzwischen allerdings sind die Verhandlungen zwischen Berggruen und dem Vermieter-Konsortium Highstreet um die Höhe der Mieten für die Gewerbeimmobilen festgefahren. Highstreet gehört die Mehrzahl der Gebäude, in denen Karstadt verkauft. Auch in Bayern war das Traditionsunternehmen Karstadt aus vielen Innenstädten bislang kaum wegzudenken. 1881 von Rudolph Karstadt in Wismar gegründet, expandierte die Firma nach 1945 zum größten Handelsunternehmen in der Bundesrepublik. In allen größeren bayerischen Städten waren Filialen zu finden: Etwa in Nürnberg, Bamberg, Bayreuth, Landshut, Memmingen oder Rosenheim.

Auch das Umfeld profitiert

In der Landeshauptstadt war Karstadt gleich mit mehreren Kaufhäusern vertreten: Am Bahnhof, in der Fußgängerzone, in Schwabing, in Laim. Dann kam die Insolvenz der Mutterfirma, ihr folgte die bundesweite Schließung von Filialen, darunter in München das sogenannte »Haus am Dom«, 150 Arbeitsplätze fielen dort im März weg.

Einzelhandelssprecher Hertel betont die »Magnetfunktion« derart großer Kaufhäuser für die Innenstädte: Die Geschäfte im Umfeld des Standortes profitieren davon. In Nürnberg betonte Wirtschaftsreferent Roland Fleck: »Die Nürnberger Filialen mit ihren über 600 Beschäftigten zeigen deutlich, dass Karstadt lebt und auch von den Kunden als attraktiv empfunden wird. Das sieht man daran, dass Karstadt an der Lorenzkirche bei Umsatz und Gewinn in der Spitzengruppe aller Karstadt-Warenhäuser in Deutschland liegt. Und auch Karstadt im Frankenzentrum steht gut da.« In Augsburg ist die dortige Karstadt-Filiale mit über 14 000 Quadratmetern Verkaufsfläche der größte Einzelhändler in der City. Müsste Karstadt schließen, könnte der Stadt ein jahrelanger Leerstand in zentraler Lage drohen.

Unterstützung für Karstadt kommt mittlerweile auch von kommunaler Seite, etwa in Bayreuth und Nürnberg. Denn diese Städte wollen wie andere Standorte auch auf ihre Forderungen aus der Gewerbesteuer gegenüber der insolventen Handelskette verzichten, um die Arbeitsplätze zu erhalten. Diese Gewerbesteueransprüche beruhen freilich nicht auf einem realen Gewinn, sondern nur auf einer positiven Bilanz. Und die ist nur möglich, da die Gläubiger der Handelskette, darunter die Arbeitnehmer, der Pensionssicherungsverein und die Sozialpartner, auf ihre Forderungen in Höhe von zwei Milliarden Euro verzichten.

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