Eine Frage der Ehre

Sigrid Löffler

  • Lesedauer: 2 Min.

Sie bekommt Mitte der Woche die Ehrendoktorwürde der Universität Bielefeld: Sigrid Löffler (68). Erinnerung an zwei Momente höchster Ehrenwertrigkeit.

2000 verließ sie nach zwölf Jahren das »Literarische Quartett« des

ZDF. Von Reich-Ranicki war sie persönlich angekräht worden. Assistiert von Karasek: Knödel im Mund und Schwitzfleck auf hellem Revers. Der hatte noch nachgebellt: Löffler sei »stutenbissig«. Die Sendung würde nur noch »Krach machen«. Sagte Löffler. Stimmt. Doch zwölf Jahre hat sie ausgehalten, mitgehalten. Wollte zeigen, dass Literaturkritiker nicht nur staubige Spezialisten sind, die Kurven unbedingt mit einem Lineal vermessen wollen. Nun blieb vom Auftritt der Eingeweihten: Tritte in die Eingeweide. Logisch. Etwas ins Fernsehen heben heißt: dessen Niveau senken.

Moment zwei: der Düsseldorfer Heine-Preis an Peter Handke 2006. Der Dichter hatte zur Beerdigung am Grab von Milosevic gestanden. Die Jury, »beflügelt« von internationaler Antistimmung gegen Handke, zog daraufhin den Vorschlag für den Preisträger zurück. Löffler und der Pariser Literaturprofessor Jean-Pierre Levèbvre traten aus: »Einer Jury, die nicht zu dem steht, was sie beschlossen hat, wollen wir nicht mehr angehören. Einer Stadt, die unabhängige Fach-Juroren beruft und sie dann politisch desavouiert, können wir nicht mehr zur Verfügung stehen.« Bei der Jury-Diskussion hatte sich rasch herausgestellt, »dass die meisten Juroren unvorbereitet waren und sich offenkundig nicht mit den Dossiers vertraut gemacht hatten, die ihnen seit Tagen vorlagen«. Die dissidenten Haltungen Handkes, so beide Ex-Juroren, rechtfertigten nicht »die blindwütige Aggressivität, mit der ein Autor menschlich und politisch isoliert werden soll.« Ehren(doktor)wert. H.-D. Schütt

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