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Angeklagter brüstet sich mit Überfall auf Ausländerhaus

Beweisaufnahme vor dem Ende/Urteil für 17.Juni geplant

  • Wolfgang Rex, Rostock
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Prozess gegen drei wegen der Brandanschläge in Rostock-Lichtenhagen Angeklagte nähert sich dem Ende. Gestern gab es noch ein überraschendes Zwischenspiel.
Die drei derzeit vor dem Schweriner Landgericht Angeklagten sind der Polizei und Richtern nicht nur wegen des Brandanschlags im August 1992 auf das Ausländerhaus in Rostock-Lichtenhagen bekannt. Bereits seit Beginn des Prozesses im vorigen Herbst wird Ronny S. in Handschellen in den Gerichtssaal geführt. Er sitzt eine Strafe aus einem anderen Prozess ab. Zum gestrigen Prozesstag kam auch André B. in Handschellen. Der bullige junge Mann soll im April diesen Jahres vor einer Schweriner Bar einen Mann schwer misshandelt haben. Der Geschlagene musste notoperiert werden und liegt seit der Tat auf der Intensivstation. Während mehrere Zeugen André B. als Täter beschrieben, streitet der die Teilnahme an der Schlägerei ab. Der Vorsitzende Richter Horst Heydorn verlas gestern Auszüge aus dem Vorstrafenregister von André B. Danach wurden gegen ihn Verfahren wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung, Landfriedensbruch und andere Straftaten eingeleitet. So hat er 1991 in der Nähe Schwerins mit einem Baseballschläger eine Disco überfallen. Im März 1993 schlug sich André B. mit ihm körperlich und altersmäßig sichtlich unterlegenen Jugendlichen. Im Januar 1996 wurde er wegen Körperverletzung angezeigt, weil er eine Frau geschlagen hatte. Einen Monat später zeigte er aus einem Bus mit Fußballanhängern heraus einen Neonazi-Gruß. Als die Polizei ihn aus dem Bus holen wollte, widersetzte er sich. Die ihm jetzt zur Last gelegte Straftat vor der Schweriner Bar spielte gestern auch im Zusammenhang mit dem Prozess eine Rolle. Die drei in Schwerin Angeklagten werden beschuldigt, im August 1992 an dem Brandanschlag auf das Rostocker Ausländerheim beteiligt gewesen zu sein. Zwei Angeklagte behaupten, damals lediglich Zuschauer gewesen zu sein. André B. schweigt zu allen Vorwürfen. Im April diesen Jahres brüstete sich der Angeklagte André B. in der Bar mit seiner Teilnahme am Rostocker Überfall. Dazu sagte gestern eine 26-jährige Zeugin aus. André B. habe sie gefragt, ob sie »Fernsehen gucke«. Als sie das bejahte, fragte André B., ob sie das mit Rostock gehört habe. »Das war ich«, habe André B. hinzugefügt. Er erklärte weiter, dass noch mehrere Sachen gegen ihn liefen. In Sachen Rostock käme allerdings die »Staatsanwaltschaft nicht aus dem Knick«. Im Beisein der Zeugin habe André B. seine Freundin gefragt: »Rostock, das war doch geil?« Am gestrigen Prozesstag wurden noch mehrere Videos mit Aufnahmen vom Überfall auf das Rostocker Ausländerhaus abgespielt, darunter auch Aufnahmen des Senders RTL. Die drei Angeklagten waren auf den Videos nicht zu erkennen. Allerdings brach ein Film überraschend an einer Stelle ab, als gerade eine Tätergruppe in Nahaufnahme gezeigt wurde. Eigentlich sollte gestern die Beweisaufnahme zum Prozess abgeschlossen werden. Da eine Schöffin während der Verhandlungen in Ohnmacht fiel, musste der Prozesstag abgebrochen werden. Für Anfang Juni ist geplant, dass Staatsanwaltschaft und Verteidiger ihre Plädoyers halten. Die Urteile werden für den 17. Juni erwartet.

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