Schreie hinterm Duschvorhang

In der Eifel steht das erste deutsche Krimi-Hotel – die Zimmer zeigen Stil und Zeit von Szene-Größen

  • Birgit Reichert, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Ein Zimmer bei Sherlock Holmes, Miss Marple oder Derrick? Kein Problem im ersten deutschen Krimihotel. Alle großen Kriminalisten sind hier zu Hause. Aufregende Träume garantiert.   

Hillesheim. Bei James Bond steht das Bond-Girl im goldenen Bikini neben dem Bett. Bei Derrick hängen dessen »originale Tränensäcke« an der Wand. Und Miss Marple hat Teetasse, Regenschirm und Strickzeug liegen gelassen. Im neuen Krimihotel in Hillesheim (Rheinland-Pfalz) haben Top-Agenten und Krimi-Stars eigene Zimmer. Zwischen Filmplakaten und Handschellen können Krimifans in dem 100 Jahre alten Gebäude in die Welt der Verbrechen abtauchen – und ihren Kommissaren im Schlaf ganz nah sein. »Wir sind das erste Krimihotel in Deutschland«, sagt Direktor Christoph Böhnke. Die neue Krimi-Hochburg wurde gestern eröffnet.

Im Prinzip ist das Haus mit seinen Türmchen und Erkern »ein ganz normales Hotel«. Mit Bett und Bad eben. »Beim Träumen aber wird man anders inspiriert«, meint der 35-Jährige. Sitzt doch bei Alfred Hitchcock ein schwarzer Vogel im Zimmer, liegt bei Bond das Metall-Gebiss vom »Beißer« aus oder sind an Duschvorhängen Handabdrücke zu sehen. Und: In allen Zimmern gibt es elektronische Überraschungs-Knöpfe an Wand oder Tür. Drückt man diesen bei »James Bond«, ertönt die passende Musik und eine Stimme: »Mein Name ist Bond. James Bond.« Oder bei »Derrick«: »Harry, wir brauchen den Wagen. Sofort.«

Zehn Zimmer hat Böhnke bereits einem »Helden« der Krimiszene gewidmet. Vier weitere – darunter ein »Tatort«- und ein »Columbo«- Zimmer – sind in Planung. Der gebürtige Aachener, der in der 3000- Einwohner-Stadt auch das Hotel Augustiner-Kloster mit 57 Zimmern betreibt, hat das Krimihotel-Haus im Mai 2009 gepachtet – und dann gemeinsam mit Krimiautor Ralf Kramp ein Konzept entwickelt. »Wir sind viel gemeinsam über Trödelmärkte gezogen, um die passende Einrichtung zu finden«, sagt Kramp. Ab Herbst soll es im Hotel auch »Krimi-Wochenenden«, Krimi-Dinner und »Mitmach- Krimi«-Events geben.

»Eine großartige Sache«, sagt Krimiautor Jacques Berndorf. Ein solches Hotel habe in der Krimilandschaft Eifel noch gefehlt. Jetzt sei Hillesheim »als Hauptstadt des Krimis« komplett, meint der 73-Jährige, der vor 20 Jahren mit seinem ersten Eifel-Krimi »Eifel- Blues« auf den Markt kam – und als »Guru und Erfinder des Eifel-Krimis« gilt. Klar, dass auch Berndorf ein Zimmer im Hotel hat. Mit tiefer Stimme wünscht er den Gästen dort »in dieser mörderischen Gegend« gute Nacht. In Hillesheim gibt es zudem das Kriminalhaus von Kramp, das mit dem deutschen Krimi-Archiv (26 000 Bände) die größte deutschsprachige Krimibibliothek beherbergt. Zum Krimihaus gehört auch das Krimicafé Sherlock mit Kaffeesorten wie »Schwarzer Tod« und »Mafiatoast«. Die Eifel ist laut Kramp »Deutschlands Regionalkrimi-Landschaft Nummer eins«. Um die 150 Autoren lassen in der Eifel bereits morden und rauben, sagt Berndorf.

Für Hotelbetriebswirt Böhnke war von Anfang an klar, dass er aus dem historischen Gebäude von 1910 ein Themenhotel machen wollte. »Die Leute sind heute auf der Suche nach was Besonderem.« Es müsse aber »stimmig sein«.

Das tut es: Jedes Zimmer entspricht Zeit und Stil des jeweiligen Kommissars. Bei Derrick sieht es nach 1970er Jahren aus – von der Tapete bis zum alten Telefon. Auch Harrys Wagenschlüssel hängen am Brett. Bei Miss Marple schmücken englische Blümchengardinen die Fenster. Rund 200 000 Euro hat Böhnke in das Krimihotel gesteckt.

Im Club können Gäste auf alten Polstermöbeln ihren Nachmittagstee einnehmen. Und im Salon auch literarisch Mord und Totschlag frönen. Bei Schreien aus dem Triller »Psycho« und »Hier spricht Edgar Wallace«-Rufen aus den Zimmern ein nahezu idealer Ort für Verbrechen, sagt Kramp lachend. Er sitzt am liebsten bei Sherlock Holmes im Zimmer. »Die Betten sind hoch genug. Da kann man prima Leichen drunterschieben«, lacht er. Na dann, gute Nacht!

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