Eine Kunst des Freiraums

Bildhauer-Symposium im Kurpark Bad Schandau

  • Gert Claußnitzer
  • Lesedauer: 3 Min.
Seit dem 6. September läuft im Elbsandsteingebirge ein Symposium, das deutsche und tschechische Bildhauer vereint. Morgen findet das Treffen im Kurpark von Bad Schandau seinen Abschluss, die Ergebnisse können besichtigt werden.

Es war der englische Bildhauer Henry Moore, der einmal sehr bestimmt betonte, dass die Skulptur eigentlich »eine Kunst des Freiraums« sei. Sie brauche Tageslicht und Sonnenlicht. Natur erschien ihm als ihr bester Umraum und ihre beste Ergänzung. Und es ist dies wohl auch ein Grundgedanke, der das Bildhauer-Symposium im Kurpark des sächsischen Bad Schandau beherrscht. Zum 10. Mal findet seit dem 6. September ein solches Symposium, das deutsche und tschechische Künstler vereint, im Kulturraum Elbtal-Sächsische Schweiz-Osterzgebirge statt.

Das Ziel solcher Symposien ist es, den Bildhauern im grenznahen Bereich von Sachsen und Böhmen Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen und beste Voraussetzungen für die Demonstration einer freiheitlichen, ja geradezu unbegrenzten Vielfalt bildnerischer Absichten zu bieten.

Der Charakter des Steins

Beim Material, das jedem beteiligten Künstler zur Verfügung steht, handelt es sich um den Sandstein, der im Elbsandsteingebirge gebrochen wird, ein außergewöhnlich feinkörniger Stein, der im Allgemeinen fest ist und tonige Bindemittel aufweist. Ein solcher Stein wurde bekanntlich für den Wiederaufbau der Frauenkirche verwendet. Bildhauer indessen bevorzugen eher einen weicheren Stein, und deshalb hat man sich hier in Bad Schandau für den grauweißen Sandstein aus den Cottaer Steinbrüchen entschieden.

Es ist die Materialgerechtigkeit, auf die es ankommt und die jeder Bildhauer zu berücksichtigen hat. Henry Moore sprach vom »Charakter des Steins«, vom »psychologischen Habitus«. Und es dürfte mithin interessant sein, wie die am Symposium beteiligten Künstler den Stein verstehen lernten, seine Struktur zu erkennen vermochten und auch die Grenzen des Materials, wenn man so will. Wenn es etwas gibt, in dessen Festigkeit und Unveränderlichkeit wir höchstes Vertrauen setzen, so ist es der Stein, der uns geradezu zum Symbol, ja fast zum Synonym für Dauer geworden ist.

Das Spektrum der Künstlerhandschriften ist in Bad Schandau breit gesteckt. Dietmar Gubsch (geb. 1941) aus Burkhardswalde, der älteste Teilnehmer und zugleich der Initiator des Symposiums, sucht in reinen Formen die absolute Objektivität. Er ist darin nicht unähnlich den russischen Konstruktivisten. Christa Donner (geb. 1958) aus Karsdorf schafft typisierte Gestalten voller expressiver Ausdruckskraft. Kornelia Thümmel (geb. 1971) aus Dresden gestaltet ursprüngliche Formen des Menschenbildes und arbeitet in kühnen Schnitten Leibliches heraus. Die beiden tschechischen Künstler, Jaroslav Reha (geb. 1945) aus Kutna Hora und Vaclav Litvan (geb. 1983) aus Cesky Krumlov, der jüngste Teilnehmer des Symposiums, zeigen, wie belebend das experimentelle kubistische Formengut sein kann. Funktionale Gestaltungen in Dingobjekten eines rätselhaften Seins, vereinfachte Embleme von Technik und Arbeitswelt.

Einsichten für Zuschauer

Wer den Künstlern über die Schulter schaut, hat Gelegenheit, Einsichten in einen ganz elementaren Teil der Kunst zu gewinnen. Der berühmte sächsische Sandstein, Rohstoff für Bildhauer seit eh und je, bereichert mit dem Formwissen von heute, dürfte, so ist zu hoffen, Sinnbereiche der modernen Kunst im deutsch-tschechischen Grenzraum erschließen helfen.

10. Künstler-Symposium 2010 im Kurpark Bad Schandau, Zuschauer sind willkommen. Abschlussfeier am 23. September 2010, 10 Uhr

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal