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Strafbefehl wegen Fußgängerbehinderung

750 Euro Geldstrafe für Anmelderin einer antirassistischen Demonstration in Viersen

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 2 Min.
In der niederrheinischen Stadt Viersen wurde eine Demonstrationsanmelderin zu einer Geldstrafe verurteilt. Einer der Vorwürfe: Die Protestaktion gegen einen brutalen Nazi-Übergriff habe den Fußgängerverkehr behindert.

Am Freitag findet in der niederrheinischen Stadt Viersen eine Demonstration gegen einen Strafbefehl des dortigen Amtsgerichts statt. »Zivlicourage kostet 812,56 Euro«, so lautet das Motto der Demonstration, die um 18 Uhr am Hauptbahnhof beginnt.

Der Anlass: Birgit Müller*, Anmelderin einer antirassistischen Demonstration in Viersen am 4. Januar dieses Jahres, ist zu einer Geldstrafe von 750 Euro verurteilt worden. Nebst Gerichtskosten kommen besagte 812,56 Euro zusammen. Müller habe Demonstrationsauflagen missachtet, so der Vorwurf. Konkret wird ihr zur Last gelegt: Der Fußgängerverkehr sei behindert worden, weil Passanten dem Demonstrationszug hätten ausweichen müssen. Ordner seien erst eingesetzt worden, nachdem Müller »dazu ausdrücklich aufgefordert worden« sei. Müller habe »vor der Veranstaltung ... von sich aus keinen Kontakt zu dem Einsatzleiter der Polizei« aufgenommen.

Müller bestreitet diese Vorwürfe: »Natürlich wurden Ordner eingesetzt, natürlich habe ich den Einsatzleiter kontaktiert, und zwar beides rechtzeitig vor Demo-Beginn«. Insbesondere der Vorwurf, der Fußgängerverkehr sei behindert worden, ärgert Müller: »Damit wird ein Grundrecht ad absurdum geführt, denn bei jeder Demonstration werden Fußgänger behindert, das lässt sich schlicht nicht vermeiden.«

Anlass der Demonstration war der brutale Übergriff auf einen jungen 18-jährigen Deutschen türkischer Herkunft am ersten Weihnachtstag 2009. Der Mann wurde von den drei Tätern zuerst beleidigt, dann zusammengeschlagen und getreten. Er musste stationär im Krankenhaus behandelt werden. Die Täter trugen nach Polizeiangaben Bomberjacken und Springerstiefel. Ihre Köpfe seien kahl geschoren gewesen. »Wir waren entsetzt über die Tat, aber auch über die ausbleibenden Reaktionen vor Ort«, sagt Müller. Sie erhebt ihrerseits Vorwürfe gegen die Polizei: So sei die Demonstration von einem halben Dutzend brüllender Neonazis gestört worden, die Polizei sah jedoch keinen Anlass, das zu unterbinden.

Anna Conrads, die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im NRW-Landtag, kritisiert unverhältnismäßige Auflagenbescheide der Polizei. Damit würden die Anmelder antifaschistischer Demonstrationen zunehmend konfrontiert. Demonstrationen gegen rechte Gewalt seien jedoch nicht nur ein Grundrecht. Sie müssten »eine Selbstverständlichkeit für Demokratinnen und Demokraten sein«.

* Name von der

Redaktion geändert

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