Gesichter der Zeit

Werkschau des Kreuzberger Kiezfotografen Wolfgang Krolow

  • Lothar Eberhardt
  • Lesedauer: 2 Min.

Viele kamen: alte politische Weggefährten, Freunde, Künstlerkollegen, Fans, Neugierige. Zur Eröffnung der Ausstellung des Kiezfotografen Wolfgang Krolow trafen sie sich auf der »Galerie« in der Kreuzberger Marheineke Halle.

Die »Galerie« ist eine zweite Ebene in der 2008 wiedereröffneten Markthalle – mit Blick auf den Markplatz mit seinem feinköstlichen, die Produkte veredelnden Gewerke. Der Ort ließ sich offensichtlich mit verschiedensten Geschäftsideen nicht wirtschaftlich bespielen. Viele versuchte ökonomische Konzepte wie »Fair Trade«-Laden-Cafe, Nagelstudio, Textilfachgeschäft scheiterten. Die »Galerie«-Flächen standen leer.

Die Community Impuls Initiative, eine Kultur- und Kunstinitiative aus dem Kreuzberger Chamissokiez, hat die Not zur Tugend gemacht und unter dem Motto »Ich bin Kreuzberg« die Brachfläche mit Kunstausstellungen revitalisiert.

Wolfgang Krolow ist nach dem politischen Karikaturisten Klaus Stuttmann der zweite renommierte »Kiezkünstler«, der mit seiner Werkschau präsentiert wird.

»Es gibt viel zu sehen – man muss es nur entdecken«, führt der Laudator und UdK-Professor Jörg Hafkemeyer in das Oeuvre seines risikofreudigen Freundes ein. Krolow sei »einer der sehen und hören kann«, ein »Herumtreiber«, einer, der mit seinen Fotos »erschreckt, draufstößt«, das »Gesicht der Zeit« festhält.

Mitten unter den Vernissage-Gästen im Elektrorollstuhl sitzt Wolfgang Krolow, der seit seinem Gehirnschlag 2005 in seiner körperlichen Agilität eingeschränkt ist. Achtsam blickend, sichtlich das Bad in der Menge genießend, lässt er sich feiern – Familientreffen und Hommage zugleich.

Scheinbar zeitlos hält Krolow Momente mit seinem Linsenblick fest. Vergangenes, Soziales, Alltägliches, Unwiederbringliches, Fotos aus seinem Wirkungsort Kreuzberg, aus weiteren Gegenden Berlins oder Reportagen aus ganz anderen Kulturkreisen sind auf den drei Ausstellungsflächen zu sehen.

In der Medienstation am Ende der Exposition wird der gebürtige Pfälzer und Wahl-Kreuzberger Wolfgang Krolow in seinem heutigen Alltag gezeigt. Der Künstler wird an Orten, an denen seine »Kreuzberger Ikonen« entstanden sein könnten, vorbeigeführt. Seine Fotos werden mit Beiträgen aus Interviews unterlegt und die zuvor betrachteten, nicht untertitelten Fotos erhalten so im Nachhinein Erläuterung und Authentizität. Dies sind sehenswerte und gut investierte zehn Minuten.

Krolows Fotografie ist konservierte Zeitgeschichte und macht die aktuelle stadträumlicher Entwicklung und Veränderung sichtbar. Ein Paradoxon – gerade hier im neuen »Kieztempel der Kunst«.

Bis 2.10., täglich 8-20 Uhr, Zossener / Ecke Bergmannstraße

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