Chávez weist Vorwürfe zurück

Madrid unterstellt Caracas Terrorkontakte

  • Lesedauer: 3 Min.
Von Ralf Streck, San Sebastián

Erneut hat Spanien Venezuela eine Verbindung zur baskischen Untergrundorganisation ETA vorgeworfen. Staatspräsident Hugo Chávez wies alle Anschuldigungen zurück.

Zwei in der vergangenen Woche festgenommene mutmaßliche ETA-Angehörige sollen zugegeben haben, 2008 in Venezuela militärisch ausgebildet worden zu sein. Die Antwort von Venezuelas Staatspräsident Hugo Chávez kam prompt: »Die venezolanische Regierung ist in keiner Weise mit irgendeiner terroristischen Organisation verbunden«. Er sprach im Stile Madrids von der »Terrororganisation ETA« und nannte die beiden Verhafteten vorverurteilend »blutrünstige Verbrecher ohne Ethik und Moral«, denen man »keine Glaubwürdigkeit schenken darf«. Sie hätten »absurde« Vorwürfe gemacht, um milder bestraft zu werden.

Es erstaunt, dass Chávez überhaupt den Forderungen Madrids sofort nachkam, eine Stellungnahme abzugeben. Denn Basis der Vorwürfe sind nur angebliche Aussagen, die man an die Presse durchsickern ließ. Dabei haben die Betroffenen angezeigt, in der fünftägigen Kontaktsperre von der Guardia Civil gefoltert worden zu sein, in der sie nicht einmal Kontakt zu ihrem Anwalt hatten.

Das UNO-Menschenrechtskomitee fordert die Abschaffung der Kontaktsperre. Bis dahin sollen der Aufenthalt und die Vernehmungen lückenlos auf Video aufgezeichnet werden, um Folter zu vermeiden. Letzte Woche hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg Spanien zur Schadenersatzzahlung an einen Basken verurteilt, weil es den Hinweisen auf Folter des angeblichen ETA-Mitglieds nicht nachgegangen war. Im April wurden fünf Journalisten der »Baskischen Tageszeitung« freigesprochen. Sie hatten unter Folter erklärt, Mitglieder der ETA zu sein. Das Verbot der angeblichen »ETA-Zeitung« wurde als »verfassungswidrig« gekippt.

Selbst wenn man unterstellt, die Aussagen wären richtig, müsste sich Caracas nicht dazu äußern. Denn zwei Basken sollen sie in Venezuela trainiert haben und nicht das Militär. So müsste Spanien von Frankreich ständig Stellungnahmen fordern, weil dort die Kommandos der ETA ausgebildet werden. Dort sind zudem alle Organisationen legal, die Spanien als Teile der ETA verboten hat und auf die EU-Terrorliste setzen ließ.

Es geht offenbar darum, erneut Venezuela anzugreifen und von den Vorgängen hier abzulenken. Die ETA hält schon fast 14 Monate eine Waffenruhe ein und will sich auch auf die von internationalen Vermittlern geforderte »permanente und überprüfbare« Waffenruhe einlassen, um eine Friedenslösung zu finden. Die verbotene Partei Batasuna müsste längst wieder legalisiert sein, weil sie der ETA eine klare Absage erteilt. Gesten zur Entspannung und Normalisierung bleibt Madrid schuldig, wie schon im Friedensprozess 2006/2007. Die Regierung setzt weiter auf Repression. Letzte Woche ließ sie sieben Mitglieder der Organisation »Askapena« (Befreiung) verhaften,

darunter auch der deutsche Sprecher Walter Wendelin. Die Gruppe, die Solidaritätsarbeit mit anderen Ländern macht, soll plötzlich der »internationale Arm der ETA« sein. Hier schließt sich der Kreis. Askapena soll die Kontakte zur kolumbianischen FARC halten, und Kolumbien wirft Venezuela oft die Unterstützung der kolumbianischen Guerillas vor.

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