Unzureichendes Angebot von Mappus

Vorerst keine weiteren Baumfällungen in Stuttgart / Volksabstimmung soll Landtag auflösen

  • Lesedauer: 3 Min.
Mit der Ankündigung eines Teilstopps der Abrissarbeiten hofft Ministerpräsident Mappus, etwas Luft aus dem Konflikt um Stuttgart 21 nehmen zu können. Die Stuttgarter Polizei macht weiterhin die Demonstranten für den gewaltsamen Einsatz in der vergangenen Woche verantwortlich.

Stuttgart (Agenturen/ND). Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) will den erbitterten Streit um das Bahnprojekt Stuttgart 21 entschärfen. Mappus kündigte am Dienstag in Stuttgart einen Teilstopp der Abrissarbeiten an und bezeichnete dies als »starkes Signal« an die Projektgegner. Die Polizeiführung verteidigte derweil den gewaltsamen Einsatz bei der Demonstration am vergangenen Donnerstag.

Mappus zufolge wird der Südflügel des Bahnhofs vorerst nicht abgerissen. Zudem würden keine weiteren Bäume vor »dem Beginn der Vegetationsperiode 2011« gefällt. De facto bedeutet diese Ankündigung, dass vor Oktober nächsten Jahres keine weiteren Bäume gefällt werden – denn während der bis Ende September dauernden Vegetationsperiode ist das Fällen von Bäumen verboten. Der Ministerpräsident bekräftigte zwar, dass es »keinen generellen Baustopp« geben solle. Jedoch will er heute in einer Regierungserklärung ein weiteres »Maßnahmenbündel« ankündigen, um Gespräche mit den Gegnern des Bahnprojekts auf den Weg zu bringen.

Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Renate Künast, reagierte zurückhaltend auf die Ankündigungen von Mappus. »Etwas zu unterlassen, was zum Baufortschritt sowieso nicht notwendig ist, wäre kein wirkliches Angebot«, sagte sie in Berlin. Grünen-Parteichef Cem Özdemir wertete jedoch die Ankündigung als Chance, dass Befürworter und Gegner des Projekts ins Gespräch kommen. »Dazu müssen alle Fakten, auch geheime Zahlen, Daten, auf den Tisch, und dann muss man versuchen, sich mit Argumenten auseinanderzusetzen«, sagte er im RBB-Inforadio.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Ute Vogt nannte das Angebot der Landesregierung für einen Teilstopp der Abrissarbeiten halbherzig. Der Schritt werde das Problem Stuttgart 21 nicht lösen, sagte Baden-Württembergs frühere SPD-Chefin im SWR. Die einzige Chance sei die von der SPD geforderte Volksabstimmung.

Fünf Tage nach dem umstrittenen Polizei-Einsatz gegen Projektgegner zeigte sich Landespolizeipräsident Wolf Hammann in Stuttgart überzeugt, dass die Beamten verhältnismäßig gehandelt hätten. »Ich habe volles Vertrauen in die Einsatzleitung und Polizisten vor Ort.« Der Inspekteur der Polizei, Dieter Schneider, machte den »massiven Widerstand« der Demonstranten dafür verantwortlich, dass »Wasserwerfer, Pfefferspray und Schlagstöcke eingesetzt werden mussten«. Bei der Demonstration waren nach Behördenangaben mindestens 130 Menschen verletzt worden, die Veranstalter sprechen von mehreren hundert. Mappus sagte zu dem Polizeieinsatz, er wolle, dass alle Fakten offengelegt werden.

Die SPD und die Grünen im baden-württembergischen Landtag erwägen nun, einen Untersuchungsausschuss zu dem Polizeieinsatz einzuberufen. Am Dienstagabend sollte Innenminister Heribert Rech (CDU) dem Innenausschuss des Parlaments seine Bewertung des Einsatzes darlegen.

Daneben gibt es verschiedene Initiativen für Volksentscheide. Die »Parkschützer« wollen durch eine Volksabstimmung noch vor der Landtagswahl im nächsten Jahr gleich den gesamten Landtag auflösen und damit die Regierung Mappus aus dem Amt heben. Seite 3

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