Wohnen am alten Industriestandort

Bevölkerungszuwachs von 38 Prozent / Ausstellung dokumentiert Wandel in Oberschöneweide

  • Steffi Bey
  • Lesedauer: 3 Min.
Durch den Kranbahnpark zur Ausstellung
Durch den Kranbahnpark zur Ausstellung

15 Jahre Sanierung haben den Stadtteil Oberschöneweide umfassend verändert. Zwischen Wuhlheide und Spree entwickelte sich ein Quartier, in dem es sich gut leben und arbeiten lässt. Über den Wandel des ehemaligen Industriestandortes hin zum beliebten Wohnquartier und modernen Wissenschafts- und Kulturstandort berichtet jetzt eine Ausstellung.

Die großen, orangefarbenen Buchstaben »OSW« weisen den Weg: Sie führen direkt zum Industriesalon Schöneweide, in eine der vier großen Reinbeckhallen. Zwischen alten technischen Geräten und allerlei Raritäten, die einst im Werk für Fernsehelektronik produziert wurden, stehen nun Bild- und Texttafeln, ein großes Modell und eine Hörstation. »Wir lassen die vergangenen 15 Jahre, in denen Oberschöneweide als Sanierungsgebiet festgesetzt war, Revue passieren«, sagt Karten Hanke von der Stadtentwicklungsgesellschaft mbH (Stattbau Berlin). Anlass für diesen Blick zurück und auch nach vorn ist der offizielle Abschluss des geförderten Sanierungsstatus.

Zur Aufwertung des 42 Hektar großen Areals investierten das Land Berlin und der Bund seit 1995 rund 97 Millionen Euro. Mit diesem Geld wurden Gebäude saniert, Freiräume gestaltet, Neubauten errichtet, Spielplätze eröffnet, Straßen und Wege verbessert sowie neu angelegt und das Spreeufer für Bewohner und Gäste erlebbar gemacht. In alle Vorhaben und Projekte flossen Ideen und Anregungen der Bewohner ein. Ein Beleg für den Erfolg der vielen einzelnen Maßnahmen ist der Bevölkerungszuwachs von 38 Prozent. Jetzt leben etwa 5800 Menschen in dem Treptow-Köpenicker Ortsteil. Das sind 1600 mehr als zum Zeitpunkt der förmlichen Festsetzung des Sanierungsgebietes.

Karsten Hanke von der Stattbau Stadtentwicklungsgesellschaft begleitete den Prozess von Anfang an. Als er in den vergangenen Monaten mit einem Team die Ausstellung vorbereitete, haben ihn vor allem die Bilder aus dem Jahr 1995 überrascht: »Für mich war es ein Schock, noch einmal zu sehen, wie es damals hier aussah«, berichtet der Ingenieur. Diese Fotos mit den heruntergekommenen Häusern und dem enormen Leerstand, den maroden Spielplätzen und versiegelten Höfen sowie den verlassenen Industriearealen werden den Ausstellungsbesuchern jetzt noch einmal vor Augen geführt. »Danach betrachtet man das Erreichte mit mehr Respekt«, ist Hanke überzeugt.

87 Prozent der Altbauten sind mittlerweile saniert. Auch die Wilhelminenhofstraße und der Rathenauplatz wurden beispielsweise vollkommen neu gestaltet. Die Spree ist durch den neu errichteten Stadtplatz und die Uferwege für jeden erlebbar geworden. Zudem sind durch den Kaisersteg – eine Fußgänger- und Radfahrerbrücke – Ober- und Niederschöneweide wieder miteinander verbunden.

Zur Belebung des Viertels trägt auch die Ansiedlung der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in den umgebauten Industriekomplexen bei. Dennoch wünschen sich Hauseigentümer und Gewerbetreibende, dass noch mehr junge Leute in das Quartier ziehen.

Fest steht schon jetzt, bis 2013 werden einige Projekte fortgeführt: Dazu gehört unter anderem ein »Aktionspark« zwischen Slaby- und Wilhelminenhofstraße mit großzügigen Freiflächen, Spielplätzen und einem Industrielehrpfad. Gleich daneben ist eine Dreifeldsporthalle für die Studenten der HTW und die Bewohner geplant. Im Januar sollen die Ergebnisse eines europaweiten Wettbewerbsverfahrens vorliegen. Auch ein »Generationenpark« zwischen Deul- und Wattstraße entsteht.

»Auch weiterhin beziehen wir die Anwohner in die Vorhaben ein«, verspricht Karsten Hanke. So wie in der aktuellen Ausstellung. Dort sind Geschichten und Gedichte von Oberschöneweidern über ihren Kiez zu hören.

Ausstellung bis 15. 12. 2010 im Industriesalon, Reinbeckstraße 9, 12459 Berlin. Geöffnet ist mittwochs von 14 bis 18 Uhr, freitags von 16 bis 20 Uhr. Weitere Infos unter: 53 00 70 42.

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