CSU will moderner werden
Schaulaufen von Merkel, Seehofer und Guttenberg auf dem Münchner Parteitag
Das hätte sich Horst Seehofer nicht träumen lassen. Schon nach zwei Jahren seines Parteivorsitzes wird nicht nur in den Medien, sondern auch in der eigenen CSU-Basis heftigst über seine Nachfolge diskutiert. Noch gestern »bereicherte« der »stern« Seehofers Parteitagsvorbereitung mit einer Umfrage, nach der 48 Prozent der Bundesbürger den Christsozialen Bundesverteidigungsminister zu Guttenberg als Parteichef wünschten. Schlimmer noch: 54 Prozent der Bayern sind der Meinung, dass die CSU mit dem smarten Adeligen besser dastehen würde, als mit Seehofer, dem Sohn eines Lastwagenfahrers und Bauarbeiters.
Bitter muss das für den 61-Jährigen sein, der so lange darauf warten musste, als Nummer eins in CSU-Zentrale und bayerische Staatskanzlei einzuziehen. Noch Ende 2007, als Edmund Stoiber ein Dreivierteljahr nach seiner Ankündigung endlich das Feld geräumt hatte, war Seehofer von seinen Parteifreunden Günther Beckstein und Erwin Huber ausgebootet worden – wenn auch nur für ein Jahr. Nach der für die CSU desaströsen Landtagswahl mit dem Verlust der absoluten Mehrheit war im Oktober 2008 endlich seine Zeit gekommen. Er wurde Bayerns Ministerpräsident und mit 90 Prozent Zustimmung ausgestatteter Parteichef.
Dass dieses Vertrauen inzwischen arg gelitten hat, wird zum Parteitag zumindest im direkten Vergleich nicht zu ermitteln sein, denn gewählt wird in München nicht. Insider bewerten allerdings die ungewöhnlich hohe Zahl von Anträgen an die als Reformparteitag eingestufte Tagung des Souveräns als untrügliches Zeichen für mächtiges Bauchgrummeln an der christsozialen Front. Insbesondere seit Herbst 2009, da in Berlin die »Wunschkoalition« das Sagen hat, fallen viele CSU-Mitglieder angesichts des Zickzackkurses ihres Parteichefs und seiner ständigen Stänkereien gegen die größere Schwesterpartei, die FDP oder die eigene Landesgruppe im Bundestag von einer Ohnmacht in die andere. Wurde Seehofers Plädoyer für eine Zuwanderungsbegrenzung noch als Versuch gewertet, die Hoheit über bayerische Stammtische zurückzuerobern, sorgte seine Ankündigung, notfalls die von der Großen Koalition beschlossene Rente mit 67 wieder infrage zu stellen, auch daheim für Ärger.
Dass die Kanzlerin zunehmend genervt auf die Querschläge aus dem Süden der Republik reagiert, ist bekannt. Ob sie das aber bei ihrem Auftritt in München thematisieren wird, eher unwahrscheinlich. Zu sehr muss sie beim mehrheitlich stockkonservativen Publikum schon im Eigeninteresse um gut Wetter bitten. Schließlich hat nicht nur Seehofer in der Union gegenwärtig Akzeptanzprobleme. So steht zu fürchten, dass auf dem heutigen Modernisierungsparteitag, auf dem nicht nur die Frauenquote, sondern auch mehr Mitgliederbeteiligung beschlossen werden soll, denn doch nicht die Messer gewetzt werden. Seehofer will bleiben, was er ist. Die Kanzlerin auch. Und der 38-jährige Guttenberg hat noch genug Zeit, um zu entscheiden, wen von beiden er beerben will. Vielleicht schon nach der Wahl in Baden-Württemberg im Frühjahr 2011. Vielleicht auf dem Wahlparteitag der CSU im Herbst nächsten Jahres oder nach Bayerns Landtagswahl 2013. Vielleicht aber auch erst nach der nächsten Bundestagswahl. Irgendwann jedenfalls wird Seehofer bereuen, Guttenberg je »erfunden« zu haben.
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