Rot-Rot möchte neue Alleen anlegen

SPD und LINKE lehnen Volksinitiative ab, wollen aber mehr Bäume pflanzen lassen

25 700 Bürger haben für die Volksinitiative »Rettet Brandenburgs Alleen unterschrieben. Ihr Ziel: Für jeden gefällten Alleebaum an einer Landes- oder Bundesstraße soll innerhalb eines Jahres ein neuer gepflanzt werden. Doch diesen Wunsch schlägt die Politik ab. Der Landwirtschaftsausschuss des Landtags wird heute empfehlen, die Volksinitiative abzulehnen. Das verriet für die rot-rote Koalition die Landtagsabgeordnete Martina Gregor-Ness (SPD).

»Das ist für uns enttäuschend«, bedauerte der Sprecher der Alleen-Initiative Wolfgang Ewert. Allerdings tröstet ihn, dass die fast 26 000 Unterschriften trotzdem nicht ganz vergeblich waren. Gregor-Ness informierte nämlich gestern zugleich über Bemühungen, doch mehr Bäume pflanzen zu lassen als die ursprünglich vorgesehen 5000 pro Jahr.

Dafür soll die Landesregierung finanzielle Möglichkeiten ausloten, die den Haushalt nicht zusätzlich belasten. Das beantragen die Regierungsfraktionen SPD und LINKE gemeinsam mit der oppositionellen FDP. Der Landtag soll in der kommenden Woche darüber befinden.

Als eine Variante werden die Mittel genannt, die Autoversicherungen nach Unfällen für Schäden zahlen, die an Straßenbäumen verursacht worden sind. Nach Angaben der Abgeordneten Carolin Steinmetzer-Mann (LINKE) handelt es sich in der Regel um eine vierstellige Summe. Diese werde aber derzeit nicht unbedingt in die Pflanzung eines neuen Baumes gesteckt.

Außerdem soll geprüft werden, ob Mittel der Stiftung Naturschutzfonds Brandenburg, Mittel des Bundes für die Bundesstraßen und EU-Fördermitteln für den Tourismus dafür eingesetzt werden könnten, für zusätzliche Alleebäume zu sorgen.

Alleeschützer Ewert sieht dies alles als Indiz dafür, dass der Wille der Bürger nicht spurlos geblieben ist. Gänzlich von der bisherigen Linie abweichen will die Koalition jedoch nicht. Das Alleenkonzept der Landesregierung sei durchaus nicht verkehrt, versicherte die Abgeordnete Gregor-Ness. Sie rechnete vor, dass in den Jahren 2001 bis 2009 zwar 43 299 Alleebäume gefällt, jedoch 44 768 gepflanzt worden sind.

Die Pflanzung eines Baumes koste inklusive der Pflege in den ersten drei Jahren rund 470 Euro. Beim vierspurigen Ausbau von Bundesstraßen helfe es nicht, neben der Piste statt der zuvor abgeholzten Bäume neue zu setzen, erklärte Gregor-Ness. Die Stämme stünden dann beiderseits der Straße zu weit voneinander entfernt, als dass die Kronen das typische Dach bilden könnten. »Das wären dann keine Alleen mehr.« Man müsste also schmalere, weniger befahrene Straßen aussuchen und dort völlig neue Alleen anlegen.

Linkspartei, SPD und FDP nehmen den Verlust von bis zu einem Drittel des Alleebestandes in Brandenburg in Kauf, rügte der Abgeordnete Michael Jungclaus (Grüne). »Gefällte Alleebäume müssen im Verhältnis 1:1 nachgepflanzt werden«, verlangte er. Die Nachpflanzungen dürften nicht »gedeckelt werden«. Alleeschützer glauben, dass die Pflanzung von jährlich 5000 Bäumen nicht ausreicht, um den wertvollen Alleebestand an den 2800 Kilometern Bundes- und Landesstraßen in Brandenburg auf seinem jetzigen Niveau von rund 350 000 Stück zu halten. Weil 70 Prozent der Bäume schon zwischen 70 und 90 Jahre alt sind, müsse man davon ausgehen, dass bald viel mehr als 5000 pro Jahr beseitigt werden.

Das würde bis zum Jahr 2025 dazu führen, dass es unter dem Strich 100 000 Bäume weniger als jetzt geben würde, erläuterte Ewert. Erst 2060 wäre der heutige Stand wieder erreicht. Den zwischenzeitlichen Verlust möchte der Alleeschützer nicht hinnehmen. Das erscheint ihm zu riskant. Wer wisse denn, ob das Land Brandenburg in 20 Jahren noch willens und in der Lage sei, wirklich 5000 Bäume pro Jahr zu pflanzen?

Gregor-Ness und Steinmetzer-Mann versichern indes, dass die Koalition das Problem erkannt habe. Der Antrag reagiere darauf. »Damit bereiten wir den Weg, unser Kulturgut Alleen für kommende Generationen zu sichern«, sagte Steinmetzer-Mann.

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