Castor blieb kurz vor dem Ziel stehen

Nach vielen kleineren Protesten stoppten Aktivisten von Robin Wood den Transport nach Lubmin

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Der letzte Atommülltransport des Jahres ist am Donnerstag ohne größere Zwischenfälle nach Vorpommern gerollt – bis kurz vor Lubmin.

Lubmin (Agenturen/ND). Der Zug brachte vier Castor-Behälter mit rund 2500 Brennstäben aus Forschungseinrichtungen des Bundes in Richtung des Zwischenlagers Nord bei Lubmin am Greifswalder Bodden. Kurz vor dem Ziel gelang es zwei Aktivisten der Umweltinitiative Robin Wood am frühen Abend, den Zug zu stoppen. Trotz starker Polizeipräsenz konnten sie sich südlich von Greifswald an die Bahngleise ketten.

Die Proteste fielen aber mit insgesamt wenigen hundert Teilnehmern weit verhaltener aus als beim jüngsten Castor-Transport nach Gorleben in Niedersachsen. Anfang November hatten dort mehrere zehntausend Menschen demonstriert. Auf seiner rund 1700 Kilometer langen Reise von Südfrankreich bis zur Ostsee hatten Atomkraftgegner den Zug dreimal stoppen können. Ein Großaufgebot der Polizei, dem Vernehmen nach insgesamt mehr als 10 000 Beamte, war im Einsatz. Ein Polizeisprecher schätzte die Situation als »friedlich und ruhig« ein.

Bei Eiseskälte und Schneetreiben hatten rund 200 Menschen am Nachmittag kurz vor dem Ziel bei Lubmin eine Sitzblockade gebildet, die von der Polizei aufgelöst wurde. Etwa die Hälfte der Teilnehmer sei weggetragen und in geheizten Bussen in Gewahrsam genommen worden. Innenminister Lorenz Caffier (CDU) lässt nach eigenen Angaben prüfen, ob bei diesen Demonstranten später Gebühren erhoben werden sollen. Die »Neue Osnabrücker Zeitung« berichtete, laut einem vertraulichen Einsatzbefehl läge die Gebühr zwischen 30 und 57 Euro, je nach Dienstgrad des zupackenden Beamten.

Zuvor war der Castor-Zug ohne größere Zwischenfälle durch die Republik gerollt. »Der Transport war störungsfrei«, hieß es etwa aus Thüringen. In Ingersleben bei Gotha hatten sich nach Angaben der Bundespolizei 15 Atomkraftgegner mitten in der Nacht an der Strecke versammelt, doch musste der Zug lediglich sein Tempo auf 30 Stundenkilometer verringern. Die Polizei in Gotha berichtete von etwa 30 Menschen, die gegen den Transport demonstrierten. Darunter seien auch Thüringer Landtagsabgeordnete gewesen. Sie hätten jedoch gar nicht erst versucht, auf die Gleise zu gelangen.

In Magdeburg waren 24 Atomkraftgegner in Gewahrsam genommen worden, die sich im Bereich der Gleise aufgehalten hatten, bald darauf aber wieder freigelassen worden.

Brandenburg durchquerte der Zug ohne Störung. Er war keine halbe Stunde im Land, allerdings betrug die Strecke durch die Prignitz auch nur etwa 30 Kilometer.

Am Morgen war es Atomkraftgegnern gelungen, den Castor-Transport unmittelbar nach der Ankunft in Mecklenburg-Vorpommern für kurze Zeit zu stoppen. Etwa 25 Personen hatten sich bei Ludwigslust mit Plakaten an den Gleisen der Schnellzugstrecke postiert und so den Zug zum Stehen gebracht. In der Folge musste auch ein ICE, der von Berlin nach Hamburg unterwegs war, anhalten. Die Demonstranten müssen mit Strafanzeigen wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr rechnen. Kurz hinter Greifswald hatten sich Greenpeace-Aktivisten von einer über die Gleise führenden Brücke abgeseilt und ein Plakat mit der Aufschrift »Stoppt Castor nach Lubmin« entrollt. Seiten 3 und 12

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