Die Polen bleiben in der Heimat

Aus der Angst um Arbeitsplätze wird Furcht vor dem Fehlen von Fachkräften

»Über die Wirtschaftsdaten kann sich niemand beklagen«, sagt Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (LINKE). Das reale Wachstum in Brandenburg betrug im ersten Halbjahr immerhin 2,8 Prozent. Die Erwerbslosenquote lag 2010 jeden Monat unter dem Vorjahreswert und durchbrach schließlich die Untergrenze von zehn Prozent. Der Auslandsumsatz märkischer Firmen in den ersten neun Monaten des Jahres zog an. Das Plus lag bei 23,4 Prozent. Die steigende Zahl der Aufträge deute auf eine Fortsetzung des Aufschwungs im nächsten Jahr hin, heißt es. Der Minister sieht aber einen »Unsicherheitsfaktor«. Sorgen bereitet ihm die Situation der Eurozone.

Keine Probleme macht dagegen die uneingeschränkte Freizügigkeit der Arbeitnehmer zwischen Deutschland und Polen, die ab dem 1. Mai gelten wird. Einstmals bestand Furcht vor einem enormen Druck auf den brandenburgischen Arbeitsmarkt. Doch die Angst erweist sich als unbegründet. Die Agentur für Arbeit geht davon aus, dass nicht mehr als 100 000 bis 140 000 Menschen aus Osteuropa in die BRD kommen werden. Der Wohlstand in Osteuropa nimmt zu, die Einkommen steigen. Gerade die in Ostbrandenburg benötigten Fachkräfte werden kaum eintreffen. Wer gut ausgebildet ist, findet auch in Polen sein Auskommen. Er hat keinen Grund, die Heimat zu verlassen.

Die Handwerkskammer Cottbus muss sich nun extra bemühen, polnische Jugendliche als Lehrlinge zu gewinnen. 16 Handwerksbetriebe sind bereit, bei einer solchen Ausbildung mitzuwirken. 2011 soll es losgehen, erzählte Christoffers gestern. Sein Ressort will bei dem Projekt helfen.

Beim Geldausgeben muss sich das Wirtschaftsministerium in Zukunft zurückhalten. Es will sich einstellen auf die vom Bund verordnete Schuldenbremse, die 2012 gedrückt wird. In den nächsten Jahren stehen weniger Fördermittel zur Verfügung. Deshalb werden Alternativen geprüft. Das noch vorhandene Geld soll möglichst effizient eingesetzt werden. Denkbar wären Beteiligungen, Bürgschaften und Garantien statt der bislang üblichen Zuschüsse.

Als Wettbewerbsnachteil sieht Christoffers die langsamen Internetzugänge. Lediglich 92 Prozent der Brandenburger könnten mit einer Breitbandverbindung versorgt werden. Probleme gibt es in diversen ländlichen Regionen. Eine Übertragungsrate von 20 bis 50 Megabit pro Sekunde sei das Ziel, verkündete der Minister. Jetzt liege man bei ein bis zwei Megabit. »Das wird auf Dauer nicht ausreichen. Ein Ingenieurbüro benötigt mehr.« Davon abgesehen sei der Anschluss an schnelles Internet inzwischen auch eine soziale Selbstverständlichkeit. Viele Menschen pflegen Kontakte per Internet.

Das Wirtschaftsressort setzt auf Glasfaserkabel, um schnelles Internet auch aufs Land zu bringen. Die alte Idee, das mit Richtfunk zu schaffen, wurde verworfen. Für den Richtfunk müssten erst Betreiber gefunden werden. Mit Glasfaserkabeln werde man die Versorgung schneller schaffen, zeigte sich Christoffers überzeugt.

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