Kommunistische Vertrauensfrage

Dahme-Spreewalds Linksparteichef Reimann tritt zurück und kandidiert erneut

Sein Vater Max Reimann war der letzte KPD-Vorsitzende vor dem Verbot der Partei in der Bundesrepublik, und er war auch KPD-Fraktionschef im Bundestag. Sohn Michael wuchs in der DDR auf. Er gehört der Linkspartei an, spricht aber durchaus mit den Genossen von der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP). Am Dienstag trat Michael Reimann als Kreisvorsitzender der LINKEN in Dahme-Spreewald zurück. Bei seiner Familiengeschichte liegt die Vermutung nahe, dies habe etwas mit der aktuellen Kommunismusdebatte bei den Sozialisten zu tun.

Tatsächlich spielt das mit hinein. »Auch« um den Kommunismus gehe es, bestätigte Reimann gestern. Die Angelegenheit stellt sich allerdings komplizierter dar. Michael Reimann sieht sich nämlich nicht als Kommunist. Er rügt die Bundesparteichefin Gesine Lötzsch wegen ihrer Äußerung zu den Wegen zum Kommunismus. »So lange nicht klar ist, was Kommunismus bedeutet, gehe ich da nicht mit. Der demokratische Sozialismus ist klar beschrieben. Da weiß ich, woran ich bin.« Reimann möchte Veränderungen auf der Basis des Grundgesetzes und beruft sich dabei auf seinen Vater. Dieser habe zwar 1949 gegen das Grundgesetz gestimmt, jedoch, weil es die Spaltung Deutschlands provozierte. Die Kommunisten würden die ersten sein, die dieses Gesetz verteidigen, hatte Max Reimann prophezeit.

Wohin geht der Weg? Darüber möchte Michael Reimann reden. Deshalb stelle er die Vertrauensfrage, kündigte er an. Mit seinem Rücktritt habe er einen Kreisparteitag zur Neuwahl des Vorsitzenden erzwungen. Er werde erneut kandidieren, sagte Reimann exklusiv dem ND. Er glaubt, dass er bei einer »ordentlichen Diskussion« eine Mehrheit für sich und seine Position erhält. »Ich bin zwar schwer angeschlagen, liege aber nicht am Boden.« Der Kreisvorstand wolle sich um die Debatte drücken, vermutet Reimann.

Der geschäftsführende Kreisvorstand dementierte. »Die Differenzen im Kreisvorstand beruhen nicht auf der Kommunismusdebatte«, hieß es. Die von Reimann »in die Welt gesetzten Vorwürfe«, der Rücktritt sei eine Reaktion auf die Kommunismusdebatte, »entbehren jeder Grundlage«. Der Konflikt sei auf das »persönliche Agieren in seiner Funktion als Vorsitzender zurückzuführen«.

Diese Erklärung hört sich reichlich schwammig an. Konkreter wollte man sich allerdings nicht zu den Hintergründen äußern. Kreisgeschäftsführerin Stefanie Schirner vertröstete auf Freitag. Dann werde der Vorstand zusammentreffen und anschließend Näheres mitteilen.

Immerhin verwies Schirner darauf, dass es nicht das erste Mal sei, dass der Kreisvorstand eine Gegendarstellung zu Äußerungen Reimanns abgeben müsse. Im vergangenen Jahr habe Reimann dafür plädiert, Joachim Gauck als Bundespräsidenten zu wählen. Der frühere Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen trat als Kandidat von SPD und Grünen an. Die LINKE versagte Gauck aber die Unterstützung. Der Fall Joachim Gauck sei einer der Konflikte mit Reimann gewesen, verriet die Kreisgeschäftsführerin. Der Kreisparteitag werde wahrscheinlich Mitte oder Ende Februar stattfinden. Man habe sich am Dienstag verständigt, dass dann der komplette Vorstand neu gewählt werden soll, um zu sehen, wer noch das Vertrauen der Basis genieße. Normalerweise wäre der Vorstand inklusive Reimann bis November im Amt gewesen.

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