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Hartz IV ohne Vermittlung

LINKE legt Papier zum Regelsatz vor

Gestern trat der Vermittlungsausschuss des Bundesrats zusammen.

Eine Einigung zu den neuen Hartz-IV-Gesetzen ist nicht in Sicht.

Die Regierungskoalition ist sich uneinig über einen Mindestlohn in der Zeitarbeitsbranche. Die SPD fordert ein Entgegenkommen beim Thema Bildung, die LINKE will ein menschenwürdiges Existenzminimum neu ermitteln lassen. Das klingt ausweglos. Gestern Nachmittag kam neben den Arbeitsgruppen auch der Vermittlungsausschuss von Bund und Ländern selbst zusammen. Allerdings sah alles danach aus, dass sich das Gremium schnell vertagen würde.

Unmittelbar vor den Verhandlungen hatten SPD und Union jeweils ihre Unbeugsamkeit beteuert. »Die Opposition muss nicht Ja sagen. Wir sind nicht bereit, einer Regelung zuzustimmen, in der wir uns nicht wiederfinden«, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann. Sein Amtskollege bei der CDU erklärte, der haushaltspolitische Spielraum sei begrenzt und warnte die Opposition vor allzu großen Forderungen. Ein Scheitern der Verhandlungen werde nicht mehr ausgeschlossen, meldeten die Agenturen.

Gestritten wird derzeit hauptsächlich über einen Mindestlohn für Leiharbeiter, das Prinzip »Gleicher Lohn für gleiche Arbeit« und wann dieses wirksam werden soll. Den Vorschlag der FDP, Leiharbeiter erst nach einem Jahr gleichzubezahlen, nannte Oppermann »zynisch«. Die Verhandlungsführerin der SPD, Manuela Schwesig, erinnerte daran, dass eine Zustimmung der SPD zur Hartz-IV-Reform auch von Zugeständnissen bei der Bildungsförderung für Kinder, bei den allgemeinen Mindestlöhnen und beim Regelsatz abhänge.

Die LINKE plädiert dafür, zunächst nur vorläufige neue Regelsätze festzusetzen, bis eine Expertenkommission »verfassungsgemäße und sachgerechte Vorschläge zur Ermittlung des menschenwürdigen Existenzminimums« vorlege. »Ein sachgerechter Regelsatz, der auf willkürliche Kürzungen und Abschläge verzichtet, kann nicht unter 465 Euro liegen; bei der Umsetzung eines ›reinen‹ Statistikmodells ergibt sich ein Regelsatz von 500 Euro«, heißt es in einem Positionspapier, das die Fraktion der LINKEN gestern der Unterarbeitsgruppe Regelsatz des Vermittlungsausschusses vorgelegt hat. Der von der Bundesregierung ermittelte Regelsatz beruhe dagegen auf einer »Missachtung konkreter Vorgaben des Verfassungsgerichtsurteils vom 9. Februar 2010« sowie »regelsatzsenkender willkürlicher Eingriffe des Bundesministeriums in das etablierte Berechnungsverfahren«.

Bemängelt wird etwa der »Zirkelschluss«, dass zu einem erheblichen Teil vom Verbrauchsverhalten von Hartz-IV-Leistungsberechtigten auf das Existenzminimum geschlossen werde. Auch gebe über die Hälfte der Alleinstehenden der Referenzgruppe jeden Monat deutlich mehr Geld aus als die einnehme. Von den Ausgaben jener Menschen, die sich vermutlich zum größten Teil systematisch verschulden, würden wiederum nur 70 Prozent der Ausgaben als »regelsatzrelevant« anerkannt.

Eine Sonderauswertung beim Statistischen Bundesamt von 2010 habe gezeigt, dass schon die Berücksichtigung einer gegenüber früheren Berechnungen nicht verkleinerten Referenzgruppe und das Herausrechnen der »verdeckt Armen« bereits ein »verfassungsrechtlich absolut zwingendes Minimum für eine alleinstehende Person« von 392 Euro ergebe.

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