Mehr, mehr, mehr

  • Silvia Ottow
  • Lesedauer: 2 Min.

Wenn die Deutschen zu den Spitzenreitern bei den medizinischen Konsultationen zählen – rund 18 Mal im Jahr gehen sie im Durchschnitt zum Arzt –, dann ist es folgerichtig, dass auch die Zahl der Diagnosen hoch ist. Was soll der Mensch anderes beim Doktor wollen als die Erkenntnis seines Problems und eine wirksame Therapie? Stehen vom Blutzuckerteststreifen bis zur Kernspintomografen beste Verfahren zur Verfügung, wird sie der Arzt auch einsetzen.

Die Diagnostika-Industrie tut alles dafür, ihre Geräte anzupreisen. Ärzte sorgen dafür, dass die Kollegen mit der exquisiten Ausstattung Kundschaft haben. Patienten verlangen nach teuren Untersuchungen. Auch ihnen bleibt ja nicht verborgen, dass eine Magnetresonanztomografie vielleicht schneller und besser zur richtigen Behandlung verhilft als ein mürrischer Kniespezialist, der sie nach kurzem Abtasten zum Kollegen schickt, um sie loszuwerden. MRT-Termine sind inzwischen Mangelware und wenn der Markt es richten soll, dann werden noch mehr teure Geräte, noch teurere Untersuchungen und ebensolche Operationen folgen, an deren Zweckmäßigkeit oftmals heute schon gezweifelt werden muss. Eines Tages werden sie das Gesundheitswesen vollends in die Knie zwingen – auch, weil es niemand wagt, veraltete Methoden abzuschaffen oder wieder mehr Wert auf behutsame Diagnosewege, unter Umständen gar ein längeres Gespräch, zu legen. Viele Beteiligte haben daran gearbeitet, dass es in diesem System vor allen Dingen ums Geldverdienen geht und gegen jede Regulierung heftig protestiert wird. Das Ergebnis sind ausufernde Kosten und Maßlosigkeit auf allen Seiten, die Verlierer wir alle.

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