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Neues vom alten Brecht?

Joachim Lang über das diesjährige Festival für den Augsburger Dichter

  • Lesedauer: 3 Min.
Dr. Joachim Lang ist Filmregisseur und künstlerischer Leiter des am 3. Februar beginnenden Brecht-Festivals in Augsburg.
Dr. Joachim Lang ist Filmregisseur und künstlerischer Leiter des am 3. Februar beginnenden Brecht-Festivals in Augsburg.

ND: Sie veröffentlichten ein Interview-Buch mit dem Theaterregisseur Manfred Wekwerth. Den Titel als Frage ans Festival in Augsburg: Was gibt es »Neues vom alten Brecht«?
Lang: Es ist nach dem Ende des Kalten Krieges ein neues Brecht-Bild entstanden. Er ist wieder provokant, kann nicht mehr abgetan werden als Ideologe mit determiniertem Menschenbild und einer Poesie aus marxistischem Dogmatismus.

Das Thema des Festivals: »Brecht und die Musik«.
Im vorigen Jahr war's »Brecht und der Film«. Ein Verweis darauf, dass es sich um einen universalen Künstler handelt. Vielleicht der einzige oder der nächste Universale nach Goethe.

Der große Teamarbeiter.
Er arbeitete mit den wichtigsten Komponisten der Zeit zusammen. Das wird sich im Festivalprogramm widerspiegeln.

Was heißt: »wieder provokant«?
Nehmen Sie seine Augsburger Zeit: diese Frechheit und Unverfrorenheit von Auftreten und Sprache. Beispiel: »Die Legende vom toten Soldaten« – es ist doch noch immer erschreckend, dass man einen toten Soldaten ausgräbt und ihn quasi recyelt an die Front schickt. Diese Radikalität der Wahrheiten lebt.

Die Stadt Augsburg und Brecht. Ist das inzwischen wie Salzburg und Mozart, Weimar und Goethe?
Lieblichkeit miteinander?

Touristenmagnet!
Nein. Das Verhältnis Augsburgs zu Brecht war stets kompliziert. Der Sohn der Stadt – ein vermeintlicher Frauenverschlinger und Kommunist. Man hat ihn nie wirklich und ganz haben wollen. Unser Festival arbeitet daran, dass sein Werk in Augsburg und darüber hinaus einen angemessenen Stellenwert erlangt. Und auch daran, dass Vorurteile korrigiert werden.

Sie hoffen.
Wir arbeiten. Es bleibt noch Einiges zu tun.

Auch nach dem Festival!
Ein grundsätzliches Problem. Es reicht nicht aus, elf Tage ein Feuerwerk abzubrennen, dann alles ausglimmen zu lassen. Es wird künstlerische Wettbewerbe geben, weitere Veranstaltungen, Arbeit in Schulen, vielleicht eine Erneuerung des Brecht-Hauses.

Sie drehten einen Brecht-Film, »Die Kunst zu leben«. Worin besteht sie?
Auf Brecht bezogen: Spaß an der Arbeit, Lust am Widerruf auf alles bislang Errungene. Sich in Frage stellen. Und den Zustand der Welt.

»Ändere die Welt, sie braucht es.«
Ja, der Prüfstand als höchster gesellschaftlicher Stand.

Gibt es ein Lieblingsstück, einen favorisierten Vers?
Zu schwer, etwas hervorzuheben. Vielleicht das Gedicht »Die Nachgeborenen«, da ist alles drin an Wucht und Widersinn und Trauer, wenn der Mensch sich in die Stürme der Zeit begibt. Wir probieren jetzt eines der umstrittensten Stücke Brechts, für eine einmalige Aufführung mit Chören aus der Region: »Die Maßnahme«. Ein Stoff, der einen nicht loslässt. Also, Sie sehen: keine Festlegung.

Ihr nächster Film?
Ein Dokudrama über das Leben von Heinrich George, mit Götz George in der Hauptrolle.

Interview: Hans-Dieter Schütt

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