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»Rat der Weisen« sucht Lösung für Ägypten

Weiter Massenproteste / EU dringt auf sofortigen demokratischen Übergang / NATO warnt vor Folgen für die globale Sicherheit durch Unruhen

  • Lesedauer: 3 Min.
Während die Massenproteste gegen Präsident Husni Mubarak in Ägypten am Freitag fortgesetzt wurden, sucht die politische Opposition nach Wegen zur Lösung der Krise.

Kairo/Berlin (Agenturen/ND). Auch am Freitag kam es in Kairo zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Mubarak-Anhängern, die allerdings offenbar nicht die blutigen Ausmaße der Vortage annahmen. Vereinzelte Kollisionen wurden auch aus den Städten Alexandria und Port Said gemeldet. Nahe dem Tahrir-Platz im Zentrum der ägyptischen Hauptstadt griffen Anhänger der alten Führung Regimegegner an. Die Gruppen hätten sich gegenseitig mit Steinen beworfen, berichteten Augenzeugen. Der Nachrichtensender Al-Arabija meldete, die ägyptische Armee habe am Freitag den Befehl erhalten, »den ausländischen Medien zu helfen«. In den vergangenen Tagen waren etliche ausländische Journalisten, Fotografen und Kamerateams von Mubarak-Anhängern bedroht oder bei ihrer Arbeit behindert worden.

Da zwischen der Regierung und den Anti-Mubarak-Demonstranten bislang kein Dialog in Gang kommt, suchen nun auch unabhängige Persönlichkeiten nach einem möglichen Ausweg aus der Krise, allen voran Amre Mussa, der Generalsekretär der Arabischen Liga. Mussa traf sich am Freitag erstmals mit einer Gruppe, die sich »Rat der Weisen« nennt. Ihr gehören der christliche Milliardär Naguib Sawiris, der stellvertretende Vorsitzende der Nationalen Menschenrechtskommission, Ahmed Kamal Aboul Magd, sowie der Publizist Salama Ahmed Salama an. Der Rat veröffentlichte am Freitag nach Angaben von Al-Arabija eine Erklärung, in der er Mubarak aufforderte, die Verantwortung für die nun beginnende Übergangszeit an Vizepräsident Omar Suleiman zu übertragen. Außerdem hieß es, die Armee solle die Sicherheit im Land garantieren. Diese Erklärung wurde allerdings nicht von Mussa unterzeichnet, der im Moment noch versucht, neutral zu bleiben.

Aus Kreisen der Arabischen Liga wurde mitgeteilt, Mussa sei bereit, zwischen den Demonstranten und der Regierung zu vermitteln. Dies schließe aber nicht unbedingt Gespräche mit etablierten Oppositionsgruppen wie etwa der Wafd-Partei oder der Muslimbruderschaft ein. Die Regierung sei auf sein Vermittlungsangebot bislang nicht eingegangen, hieß es.

Demnächst sollen mehrere Funktionäre des alten Regimes wegen Korruption vor Gericht gestellt werden, meldete derweil die ägyptische Nachrichtenwebsite Youm7 unter Berufung auf Justizkreise. Unter den Verdächtigen, gegen die allesamt ein Ausreiseverbot verhängt wurde, seien der entlassene Innenminister Habib al-Adli, der Stahlmagnat Ahmed Ezz sowie Tourismusminister Suheir Garana und der für Wohnungsbau zuständige Ressortchef Ahmed al-Maghrabi. Die Ermittlungen gegen diese Männer würden eröffnet, »sobald sich die Lage wieder beruhigt hat«, hieß es.

Die EU-Staats- und Regierungschefs forderten auf ihrem Sondergipfel am Freitag in Brüssel einen sofortigen Wandel in Ägypten sowie freie und faire Wahlen, politische Reformen und einen Dialog aller Parteien in dem Land.

NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen warnte auf der Münchner Sicherheitskonferenz vor dramatischen Folgen für die globale Sicherheit durch die Unruhen in Ägypten, Tunesien und in Nahost. »Es gibt tektonische Plattenverschiebungen. Heute steht nicht nur die Weltwirtschaft, sondern die Weltordnung auf dem Spiel«, sagte Rasmussen. Er forderte deshalb die europäischen Mitgliedsstaaten des Militärbündnisses auf, wieder stärker in die Verteidigung zu investieren.

In Berlin demonstrierten am Freitag Hunderte Ägypter und Deutsche für Demokratie in Ägypten und unterstützten die Proteste in dem arabischen Land.

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