EU-Parlament setzt »Goldstone« auf Agenda

Abgeordnete debattierten erneut über UNO-Bericht zu Verbrechen im Gaza-Krieg

  • Martin Lejeune
  • Lesedauer: 2 Min.
Am Montag tagte im Europäischen Parlament in Brüssel der Unterausschuss für Menschenrechte. Dieser beschäftige sich mit dem Goldstone-Bericht über den Gaza-Krieg und mit dem Report der Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrates (UNHRC) zum Angriff auf die Gaza-Hilfsflotte.

Obwohl der Krieg im Gaza-Streifen bereits Ende 2008 begann und bis Ende 2009 andauerte, gab es bisher keine internationale Ahndung dort begangener Kriegsverbrechen. Ein bereits am 15. September 2009 veröffentlichter UNHRC-Report des südafrikanischen Juristen Richard Goldstone bezichtigte sowohl palästinensische Gruppen als auch die israelische Armee, Menschenrechte verletzt zu haben und fordert beide Seiten auf, diese Vorwürfe gründlich zu untersuchen. Dieser Aufforderung kam bisher niemand nach, so der UNHRC in Genf, und verlängerte die Fristen bis März.

Wegen der eklatanten Verzögerungen befasste sich auch das Europäische Parlament mehrfach mit dem Goldstone-Bericht. Im März vergangenen Jahres verabschiedeten die Abgeordneten eine Resolution, in der Israel und die Palästinenser aufgefordert wurden, endlich die Empfehlungen des Goldstone-Berichtes umzusetzen.

»Der Zweck der Anhörung des Unterausschusses für Menschenrechte am Montag war nicht nur, das Plenum des Europaparlaments über den Fortgang der Angelegenheit zu informieren«, so die Bundestagsabgeordnete der LINKEN Annette Groth gegenüber ND, »sondern auch, den Bericht der Öffentlichkeit in Erinnerung zu rufen. Wir wollen nicht, dass die darin dokumentierten Kriegsverbrechen in Vergessenheit geraten, bevor sie geahndet werden.« Groth war nicht nur in ihrer Funktion als Menschenrechts-Sprecherin der LINKEN-Fraktion im Bundestag bei der Beratung in Brüssel zugegen. Da sie im Mai 2010 mit auf dem von der israelischen Marine geenterten Hilfsschiff »Mavi Marmara« fuhr, sagte sie gegenüber dem UNHRC selbst als Zeugin zum Angriff auf die Gaza-Flottille aus, bei dem neun Friedensaktivisten getötet wurden.

Miri Weingarten, jüdisch-israelische Aktivistin der Physicians for Human Rights-Israel, Trägerin des alternativen Friedensnobelpreises, sagte vor dem Ausschuss: »Internationales Recht muss Recht bleiben und darf nicht in der Bedeutungslosigkeit versinken. Wenn gravierende Verstöße nicht geahndet werden, wird dies zu einer Legitimierung von Kriegsverbrechen und zu einem allgemeinen Klima der Straflosigkeit führen. Die Einhaltung internationaler Völkerrechtsnormen ist Voraussetzung für einen Frieden in der Region.«

Der Überfall auf die »Mavi Marmara« sei lange geplant gewesen, betonte Groth im Europaparlament. Dies gehe aus einer Äußerung von Israels Verteidigungsminister Ehud Barack hervor. Der UNHRC-Bericht, der »Besorgnis über die Auswirkung der Blockade auf die Zivilbevölkerung des Gaza-Streifens« zum Ausdruck brachte, decke sich vollkommen mit ihren Eindrücken, so Groth. »Den Bericht muss jeder lesen. Weil immer noch verbreitet wird, dass die Gewalt auf den Schiffen von uns ausgegangen wäre. Dass das nicht stimmt, beweist die Untersuchung eindrucksvoll. Nun müssen die Verantwortlichen, die den Schießbefehl gaben, vor Gericht gestellt und bestraft werden«, fordert die Linkspolitikerin.

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