Rückfall in die Monarchie

Spanischer Radsportverband spricht Alberto Contador vom Dopingvorwurf frei

  • Tom Mustroph
  • Lesedauer: 3 Min.

Der König steht über dem Gesetz. An diesen überalterten monarchistischen Grundsatz erinnert die am Dienstag verkündete Entscheidung des Königlich Spanischen Radsportverbandes (RFEC), den dreifachen Tour-de-France-Sieger Alberto Contador trotz vorgefundener Spuren des Dopingpräparats Clenbuterol nicht mit einer Sperre zu belangen. Ebenfalls in seinem Blut nachgewiesene Spuren des Weichmachers DEHP, die von Eigenblutdoping stammen können, wurden bei der Entscheidung offenbar nicht berücksichtigt.

Reaktionen vom Radsportweltverband UCI und der Weltantidopingagentur WADA, die bei einem Freispruch Widerspruch angekündigt hatten, standen bei Redaktionsschluss noch aus. »Auf Presseveröffentlichungen allein reagieren wir nicht«, sagte UCI-Sprecher Enrico Carpani dem ND.

Die Disziplinarkommission der RFEC widerrief mit ihrem aktuellen Urteil die eigene, am 27. Januar veröffentlichte Absicht, Contador für ein Jahr sperren zu wollen. Der spanische Verband folgte damit dem spanischen Ministerpräsidenten José Luis Zapatero. »Es gibt keinen juristischen Grund, Contador zu bestrafen«, twitterte der Regierungschef per Internet in der vergangenen Woche.

Zapatero versuchte damit, gewichtige Indizien zu bagatellisieren. Bei vier Dopingkontrollen während der Tour de France wurden bei Contador geringe Mengen des Muskelaufbaupräparats Clenbuterol nachgewiesen. Die Menge – 50, 16, 7 und 17 Pikogramm zwischen dem 21. und 25. Juli 2010 – hat nach Ansicht der meisten Experten zwar keinen leistungssteigernden Effekt. Die Antidopinggesetzgebung der WADA sieht aber die volle Verantwortlichkeit des Athleten für alle Substanzen in seinem Körper vor. Nur wenn der Sportler nachweisen kann, dass die Substanz ohne eigenes Verschulden in den Organismus gelangt ist, kann von einer Sperre abgesehen werden.

Dies war beim deutschen Tischtennisspieler Dimitrij Owtscharow der Fall. Contadors Anwälte verwiesen auf diesen Vorgang. Zu Unrecht, glaubt Owtscharows Verteidiger Michael Lehner. »Es gibt keine Parallelen zwischen den beiden Fällen. Wir haben eindeutig nachweisen können, dass das Clenbuterol aus der Nahrungskette kam. Owtscharow hat Haarproben abgegeben. Bei seinen Teamkameraden, die das Gleiche gegessen haben, wurde ebenfalls Clenbuterol gefunden. China ist für Probleme in der Lebensmittelbranche bekannt. Der Sportler hielt sich dort zwei Wochen auf«, erklärte Lehner. Contador führt hingegen die Spuren von Clenbuterol auf ein Stück Rindfleisch aus dem spanischen Baskenland zurück. Dort wurden in den letzten zehn Jahren keine Fleischverunreinigungen mit Clenbuterol festgestellt. Von Contadors Kollegen, die ebenfalls von dem Fleisch gegessen hatten, wurden keine Proben genommen.

Contadors Verteidigung steht auf wackligen Füßen. »Ich kann nicht verstehen, warum er nicht verurteilt wird. Ich sage nicht, dass er gedopt hat. Aber andere Sportler in der gleichen Situation wurden gesperrt«, wunderte sich auch Ex-Weltmeister Tom Boonen.

Contadors Sonderbehandlung spaltet das Profilager und sorgt für einen weiteren Glaubwürdigkeitsverlust der Branche. Der Spanier schert sich darum nicht. Er will bereits bei der heute beginnenden Algarve-Rundfahrt in Portugal ins Renngeschehen eingreifen.

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