Anti-frankistische Avantgarde

Arsenal zeigt Werke des katalanischen Polit-Avantgardisten Pere Portabella

  • Caroline Buck
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Filme von Pere Portabella waren nach de+m Ende der Franco-Ära, die er mit den Mitteln der künstlerischen Avantgarde zu torpedieren suchte, in Vergessenheit geraten. Mit dem Ankauf seiner Werke durch das Museum für moderne Kunst (MACBA) in Barcelona samt Ausstellung und Buchpublikation im Jahr 2001 änderte sich das. Seitdem war Portabella bei der Documenta vertreten, ist in New York und Paris, in Buenos Aires und Italien mit Werkschauen geehrt worden. Zehn Jahre später widmet ihm jetzt das Kino Arsenal eine Werkschau.

Nach dem Wunsch seiner Eltern hatte Pere Portabella, Jahrgang 1929 und aufgewachsen in Barcelona, in Madrid Chemie studieren sollen. Doch statt zur Uni zu gehen, knüpfte er Beziehungen zum künstlerischen Underground und produzierte Filme: den halbdokumentarischen Randgruppenfilm »Die Straßenjungen« (1959) von Carlos Saura, Marco Ferreris bitterböse Gesellschaftssatire »Der Rollstuhl« (1960) und Luis Buñuels religionskritischen »Viridiana« (1961), mit dem er sich eine Verleumdungskampagne des Vatikans einhandelte. Und er schrieb am Drehbuch zu Francesco Rosis »Augenblick der Wahrheit« mit, einem Film über einen Bauernsohn, der Stierkämpfer und zum Spielball seiner Fans wird.

Portabellas frühe Verbindung zu den anderen bildenden Künsten blieb bestehen, auch als er selbst sich der Regie zuwandte. Schon sein erster eigener Kurzfilm, »No compteu amb el dits« (Zählt nicht mit den Fingern, 1967), bediente sich der Worte des Dichters Joan Brossa – und der erzählerischen Struktur einer Folge fingierter Werbefilme, um mit der Werbeästhetik auch das Funktionsprinzip der repressiven Franco-Ära zu entlarven. In den Folgejahren drehte Portabella mehrere kurze Filme über das Werk des Malers und Bildhauers Joan Miró und dessen Rezeption, über den Komponisten Carlos Santos, dessen Musik auch sein eigenes Werk durchzieht, und den Dichter Federico García Lorca.

Elliptische Erzählstrukturen und die Dekonstruktion traditioneller Erzählformen, das Unterlaufen gängiger Sehgewohnheiten und ästhetischer Erwartungshaltungen, die avantgardistische Neuerfindung der Kunstform Film waren Portabellas Instrumente des sozialen und politischen Widerstands gegen die Zumutungen der frankistischen Gesellschaft während seiner Zeit des inneren Exils. Noch aus einem schwarz-weißen 16mm-Film über die Dreharbeiten eines Vampirfilms, »Vampir – Cuadecuc« (1970), wurde so ein Dokument der ästhetischen Unterdrückung durch die Diktatur, welches Portabella jedoch nicht nach New York begleiten konnte, weil nach »Viridiana« sein Pass eingezogen wurde.

Später, während der Übergangszeit zwischen Franco-Regime und Demokratisierung, drehte Portabella mit dem Dreistünder »Informe general sobre algunas cuestiones de interés para una proyección pública« einen auch äußerlich politischen Film, wurde selbst zum Volksvertreter gewählt und war an der Formulierung der spanischen Verfassung beteiligt. Sein letzter abendfüllender Film, »Die Stille vor Bach«, eine bildschöne Meditation über Musik, Musikrezeption und das musikalische Handwerk, hatte 2007 in Venedig Premiere.

11.-28. März, Kino Arsenal, Potsdamer Straße 2, Kartentel. (030)-26 95 51 00. Portabella wird aus gesundheitlichen Gründen entgegen der Ankündigung nicht selbst anwesend sein.

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