FDP muss auch am Rhein bangen

Grüne als Hauptgegner in Rheinland-Pfalz

  • Robert Luchs
  • Lesedauer: 3 Min.
In Sachsen-Anhalt ist die FDP gerade aus dem Landtag geflogen. Und bis vor ein paar Wochen sah es so aus, als könnte ihr das mit Rheinland-Pfalz auch in einem West-Bundesland blühen. Je näher der Wahltermin rückt, desto besser standen die Liberalen in Umfragen jedoch da, zwischenzeitlich sogar bei sieben Prozent. Der Einzug am nächsten Sonntag gilt allerdings noch nicht als sicher.

Es ist kein Geheimnis in der Mainzer Staatskanzlei, dass SPD-Ministerpräsident Kurt Beck nach der Wahl am 27. März am liebsten eine Koalition mit den Liberalen eingehen würde, die zusammen mit den Sozialdemokraten schon einige Male in Rheinland-Pfalz regiert haben. Die Konstellation ist jedoch recht unwahrscheinlich. Denn die FDP, die bei der Landtagswahl 2006 acht Prozent der Stimmen bekommen hatte, muss diesmal vor der Fünf-Prozent-Hürde zittern. Ein Grund für das mangelnde Wählerinteresse dürfte in der Atompolitik der Partei liegen. Die Wähler haben nicht vergessen, dass sich die Liberalen in der Vergangenheit ohne Wenn und Aber hinter die Kernenergie gestellt haben.

Allerdings konnten die Liberalen in Umfragen in den vergangenen Wochen zulegen. Von vier Prozent Anfang des Jahres steigerte sich die Partei auf fünf und bei der jüngsten Emnid-Umfrage auf sechs Prozent. Der Einzug in den Landtag könnte also – knapp – gelingen.

Zugpferd Brüderle

Als es Ende vergangenen Jahres eng wurde für die Liberalen und Parteichef Guido Westerwelle die geballte Wut seiner Parteimitglieder traf, meldete sich auch der rheinland-pfälzische FDP-Spitzenkandidat Herbert Mertin zu Wort: Westerwelle sei »ein Klotz am Bein« seiner Parteifreunde, die im Wahlkampf um jede Stimme ringen müssten. Kurz zuvor hatte es bereits Angriffe aus Schleswig-Holstein gegeben. Der dortige Fraktionschef Wolfgang Kubicki hatte seine Partei mit der »DDR im Endstadium« verglichen, den desaströsen Zustand der FDP dem Bundesvorsitzenden angelastet und Westerwelle den Rücktritt nahegelegt. Mertin war nicht so weit gegangen, sondern wollte, wie er erklärte, dass sich wenige Monate vor der Landtagswahl etwas ändere in seiner Partei.

Aber weder das Raushalten von Westerwelle, noch Mertins Wahlauftritten ist die jetzige Steigerung zu verdanken. Das eigentliche Zugpferd der Liberalen in Rheinland-Pfalz ist Rainer Brüderle, der seit fast 30 Jahren Landesvorsitzender ist und zur Überraschung vieler das Amt des Bundeswirtschaftsministers in der schwarzgelben Koalition übernahm. Brüderle war es, der die FDP nach ihrem Rausflug aus dem Landtag 1983 vier Jahre später dorthin zurück und in die Regierung brachte. Ohne die Popularität und den Bekanntheitsgrad des 66-Jährigen stünden die Liberalen zwischen Koblenz und Mainz auch wahrscheinlich auf verlorenem Posten. Es ist wohl kein Zufall, dass sich Brüderle nun mit einem neuen Thema zu Wort meldete: dem Netzausbau für Ökostrom. Der FDP-Vize will hiermit den Grünen Druck machen, den seine Partei in seiner Heimat zum Hauptgegner bei dieser Wahl erkoren hat.

Lieblingskonstellation unwahrscheinlich

»Wer sich nach dem 27. März nicht grün ärgern will, der muss Gelb wählen«, ist im Wahlkampf einer der Standardsätze von Herbert Mertin. Die FDP-Spitzenleute wissen, warum sie sich auf die Ökopartei, die derzeit gar nicht im Landtag vertreten ist, einschießen. In den jüngsten Umfragen schaffen die Grünen den Wiedereinzug klar und liegen mit 10 bis 13 Prozent weit vor den Liberalen. Wenn nötig, hat also der bis jetzt allein regierende Kurt Beck auch die Option, mit den Grünen zu koalieren. Nach letzten Umfragen hätte rot-grün eine komfortable Mehrheit.

Lieber will Beck jedoch mit der FDP zusammengehen. Vor fünf Jahren bot er der FDP sogar eine Regierungsbeteiligung an, obwohl er auf sie gar nicht angewiesen war. Die Liberalen hatte jedoch keine Lust auf eine Koalition mit einer übermächtigen SPD und lehnten das Angebot ab. Sozialliberale Koalitionen haben in Rheinland-Pfalz eine lange Tradition. Vor zwanzig Jahren musste sich die CDU dort von der Macht verabschieden und Rainer Brüderle hatte keine Probleme, seine Partei aus der Koalition mit der CDU in ein Bündnis mit der SPD unter Rudolf Scharping zu führen. Ob sich diese Konstellation nach dem 27. März wiederholen wird, liegt in den Sternen – groß ist die Wahrscheinlichkeit allerdings nicht.

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