Erster Stimmungstest für Bouffier

Parallel zu Hessens Kommunalwahlen wird auch über die Schuldenbremse abgestimmt

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.
Superwahltag in Hessen: Mancherorts sind es gleich fünf gesonderte Abstimmungen, die am Sonntag in einem Aufwasch durchgeführt werden. Der Urnengang gilt auch als Stimmungstest für den noch neuen CDU-Regierungschef Volker Bouffier.

Neben den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland- Pfalz wird am Wochenende auch in Hessen gewählt. Die Kommunalwahlen im Sechsmillionenland geben Aufschluss über den Rückhalt für die CDU-FDP-Landesregierung von Volker Bouffier (CDU). Zeitgleich findet – wie berichtet – auch eine Volksabstimmung über die Verankerung einer Schuldenbremse in der Landesverfassung statt.

Bei den letzten Kommunalwahlen vor genau fünf Jahren hatte die CDU, die damals noch mit absoluter Landtagsmehrheit regierte, in den Kommunen und Kreisen 38,5 Prozent errungen. Die SPD kam 2006 auf 34,5 Prozent, die Grünen auf 9,2 Prozent, die FDP auf 5,8 Prozent. Die in ländlichen Gebieten noch stärker verankerten Freien Wähler errangen 5,2 Prozent der Stimmen.

Für CDU und SPD geht es gleichermaßen um den Anspruch, stärkste Kommunalpartei zu sein. CDU und SPD haben im Lande einen Führungswechsel hinter sich, nachdem die einstigen Gegenspieler Roland Koch und Andrea Ypsilanti abgetreten sind. Für Bouffier und seinen sozialdemokratischen Kontrahenten, Landes- und Fraktionschef Thorsten Schäfer-Gümbel, geht es somit am Sonntag auch darum, im Hinblick auf die nächste Landtagswahl Ende 2013 ihre Position zu stärken.

Nach Angaben des Statistischen Landesamts kandidieren insgesamt rund 46 000 Personen für die Gemeinderatswahlen und rund 7900 Personen für die Kreistagswahlen. Ob die Wahlbeteiligung, die 2006 gegenüber 2001 um 7,1 Prozent auf 45,8 Prozent gesunken war, wieder steigt, ob aktuelle Weltereignisse auf die Gemeindeebene durchschlagen, bleibt abzuwarten.

Neben Gemeindeparlamenten und Kreistagen geht es am Sonntag auch um Bürgermeister und Landräte. Dabei müssen sich u.a. die SPD-Amtsträger in Kassel, Marburg und Darmstadt behaupten – wie auch SPD-Landräte im Main-Kinzig-Kreis und im Rheingau-Taunus-Kreis vor den Toren der Landeshauptstadt Wiesbaden. In Kassel und Marburg schickt die LINKE bei der OB-Wahl erfahrene Stadtverordnete ins Rennen. In Gießen treten LINKE-Mitglieder auf konkurrierenden Listen an.

Da vielerorts auch Ortsbeiräte gewählt werden, kann etwa Marburg in einem fünffachen Urnengang gleichzeitig über Ortsbeirat, Stadtparlament, Oberbürgermeister, Kreistag und Schuldenbremse abstimmen. Bei der Auszählung haben Schuldenbremse und Oberbürgermeister Vorrang. Weil das Wahlrecht Stimmenhäufungen, Streichungen und die gleichzeitige Wahl von Einzelbewerbern auf konkurrierenden Listen zulässt, dürfte das vorläufige Endergebnis erst am Mittwoch feststehen.

Die hessische LINKE will ihre Mandatszahl landesweit auf 300 verdoppeln. Sie unterstützt als einzige Landtagspartei die Kampagne von Gewerkschaften und Sozialverbänden gegen die Verankerung der Schuldenbremse in der Landesverfassung. Der Landeschef der Bildungsgewerkschaft GEW, Jochen Nagel, warnt: Wer per Gesetz untersage, mit Krediten in Zukunftsprojekte zu investieren, fördere Privatisierung und Demokratieabbau. Nagel erinnert auch an die massiven Steuersenkungen für Konzerne und Reiche seit 1998.

Am Frankfurter DGB-Haus tickt inzwischen die »Reichtumsuhr« als Gegenpol zur Berliner »Schuldenuhr« des Steuerzahlerbundes. Während sich die öffentlichen Gesamtschulden auf 1,9 Billionen Euro belaufen, besitzt die Bevölkerung privat 7,2 Billionen Euro. Dabei kommen allein die reichsten zehn Prozent auf rund 4,5 Billionen Euro. Die unteren zehn Prozent hingegen sind mit etwa 13 Milliarden Euro verschuldet.

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