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Keine Atomenergie und kein CCS?

Abgeordneter Wolfgang Neskovic lehnt alle Risikotechnologien ab / Der 62-Jährige Neskovic gewann für die LINKE den Bundestagswahlkreis Cottbus/Spree-Neiße

  • Lesedauer: 3 Min.
Fragwürdig: Keine Atomenergie und kein CCS?

ND: Die Linksfraktion beschloss einstimmig, einen Gesetzentwurf in den Bundestag einzubringen, dem zufolge das Verpressen von Kohlendioxid in der BRD verboten wäre. Geben Sie diesem Gesetzentwurf eine echte Chance?
Neskovic: Die Bundesregierung unterlässt es seit zwei Jahren, ein CCS-Gesetz auf den Weg zu bringen. Für den ersten Entwurf 2009 wurden 190 000 Euro Anwaltshonorare bezahlt – für den Papierkorb. Auch jetzt scheitert die Bundesregierung am beharrlichen Widerstand einiger Bundesländer. Wir präsentieren dem Bundestag deshalb einen echten Lösungsvorschlag: Unser Gesetzentwurf will die Risikotechnologie CCS in Deutschland verbieten. Diese Möglichkeit bietet die CCS-Richtlinie der EU. Die Bundesregierung hat diese Option – aus Rücksicht vor den Gewinninteressen der Konzerne – bisher nicht gezogen. Nun muss sich jeder Abgeordnete bekennen.

Ein Parteitag der brandenburgischen LINKEN entschied, CO2 dürfe nicht gegen den Willen der Anwohner verpresst werden. Ist Verpressung damit ausgeschlossen?
Der Parteitagsbeschluss ist ein Kompromiss und zeigt in die richtige Richtung. Es gibt immer zwei Arten, Nein zu sagen. Entweder ganz direkt, was ich bevorzugt hätte. Oder man sagt Ja und konditioniert dieses Ja mit so hohen Hürden, dass es letztlich auf ein Nein hinausläuft. So ist es auch beim Parteitagsbeschluss. Der vorgesehene Reinheitsgrad, die 40-jährige Haftungszeit für die Betreiber, die Akzeptanz in der Bevölkerung: Es wird niemals ein Bundesgesetz geben, dass diese Anforderungen erfüllt.

Ein Parteitagsbeschluss ist aber noch kein Regierungsbeschluss.
Das ist richtig. Es kommt jetzt darauf an, diesen Beschluss in der Koalition durchzusetzen. Hier wird die LINKE im Regierungsalltag zeigen müssen, welchen Stellenwert sie dem Willen ihrer Basis beimisst, und welches Durchsetzungsvermögen sie in der Koalition besitzt.

Die Abscheidung und Verpressung des bei der Kohleverstromung entstehenden CO2 galt bislang als Bedingung für neue Tagebaue. Ein Atomausstieg hätte aber zur Folge, dass Kohlekraftwerke länger gebraucht werden.
Das ist falsch. Es wäre unnötig und unsinnig, die eine Risikotechnologie durch eine andere zu ersetzen. Ein kompletter Atomausstieg ist noch vor 2020 machbar. Das gilt auch, wenn man auf den verstärkten Einsatz von Braunkohle und CCS verzichtet. Fukushima lehrt uns, dass wir Risikotechnologien wie Atom und CCS nicht beherrschen können. Wieso also eine potenziell gefährliche Technik finanzieren, wenn der komplette Umstieg auf Erneuerbare Energien möglich ist? Wichtig ist es jetzt, die Energiekonzerne zu mehr Investitionen in alternative Energien zu zwingen und Techniken zur Energiegewinnung voranzutreiben.

Sie sehen im Bekenntnis von Landtagsfraktionschefin Kerstin Kaiser, die LINKE stehe zum mittelfristigen Ausstieg aus der Braunkohle bis 2040, eine Umkehr zum Ziel aus dem Landtagswahlprogramm von 2009. Aber stand Frau Kaiser nicht immer dazu?
Ich freue mich sehr, dass Kerstin Kaiser mit dieser Klarstellung in den Schoß der Partei zurückgekehrt ist. Mit dieser Erklärung nimmt sie endgültig Abschied von der im Koalitionsvertrag enthaltenen Option der CCS-Technologie. Deren Sinn besteht allein darin, über den Zeitraum von 2040 hinaus die Braunkohleverstromung zu ermöglichen. Wer deswegen den Ausstieg bis 2040 fordert, setzt dem Einsatz der CCS-Technik bei der Braunkohleverstromung ein entschiedenes Nein entgegen.

Interview: Andreas Fritsche

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