Kölner Hausbesetzer wollen Mietvertrag

Verhandlungen über Zukunft des AZ in Köln

  • Dominik Clemens, Köln
  • Lesedauer: 3 Min.
Im Konflikt um das »Autonome Zentrum« (AZ) in Köln zeichnet sich eine Verhandlungslösung ab. Die Räumung wurde gestern trotz eines Großaufgebots der Polizei abgeblasen. Besetzer und Eigentümerin wollen nun über einen Mietvertrag sprechen.

Zwei Räumfahrzeuge und ein Wasserwerfer rücken auf das »Autonome Zentrum« (AZ) in der Kölner Wiersbergstraße vor. Johlend sitzt eine Gruppe Vermummter unter einem Sonnenschirm auf einer Barrikade und beobachtet die Staatsmacht. Als sich behelmte Einsatzhundertschaften in Position bringen, stockt der Vormarsch der Polizei plötzlich. Buchstäblich in letzter Sekunde ist am Donnerstag die Räumung des seit April 2010 besetzten Gebäudes im Stadtteil Kalk ausgefallen.

Mittags kam die Wende

Zeitgleich mit dem Einsatzbefehl hatte die Eigentümerin der Immobilie, eine Tochtergesellschaft der Sparkasse Köln-Bonn, am Morgen Gesprächsbereitschaft signalisiert. Allerdings erklärte die Sparkasse die freiwillige Räumung des Areals zur Vorbedingung für Verhandlungen. Für diesen Fall stellte sie die auf ein halbes Jahr befristete Weiternutzung zu einer symbolischen Monatsmiete von einem Euro in Aussicht.

Diesen Vorstoß lehnten die AZ-Aktivisten kategorisch ab. Die Skepsis gegenüber der Sparkasse überwog. Wiederholt hatten die Autonomen dem Kreditinstitut mangelnde Gesprächsbereitschaft vorgeworfen. Am Mittag kam dann die Wende: Auch auf Vermittlung der Kommunalpolitiker Jörg Detjen (LINKE) und Jörg Franke (Grüne) erklärte die Sparkasse ihr Einverständnis zu direkten Gesprächen mit den Autonomen.

Zuvor hatten die Aktivisten einer gemeinsamen Begehung des Gebäudes zugestimmt – mit dem Ziel, noch binnen Tagesfrist einen Mietvertrag zu unterzeichnen. Für die Zeit der Verhandlungen hatten die Aktivisten das Gebäude verlassen und sich auf den Vorplatz zurückgezogen. Damit scheint ein tagelanger Nervenkrieg zu Ende zu gehen.

Am Nachmittag hatte sich die Lage vor Ort etwas entspannt. Die Sparkasse habe den Räumungstitel fallen lassen, sagte eine Sprecherin der Besetzer. »Es ist aber noch zu früh, um Entwarnung zu geben. Wir wollen zunächst das Ergebnis der Gespräche abwarten.«

Seit der Nacht von Montag auf Dienstag war die Polizei mit einem größeren Aufgebot im Stadtteil präsent, der Zugang war zum Teil nicht mehr möglich. Mehr als 200 Unterstützer des alternativen Kulturprojektes hielten sich zeitweise im Gebäude auf. Sie hatten am Montag damit begonnen das Gelände zu verbarrikadieren. Gestern waren noch rund 50 überwiegend junge Leute vor dem Gebäude, die teilweise dort seit Tagen ausgeharrt hatten. Außerhalb der Polizeiabsperrungen demonstrierten rund 100 Sympathisanten gegen die drohende Räumung. Anwohner hatten aus Solidarität Banner an ihren Häusern aufgehängt.

Aufruf zu Demo am 2. April

Nach Angaben der Besetzer haben innerhalb der letzten zwölf Monate mehr als 500 Veranstaltungen in dem ehemals leerstehenden Gebäude stattgefunden. Während sich örtliche Vertreter von Linkspartei und Grünen früh für eine Duldung der Besetzung ausgesprochen hatten, trat Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) für eine harte Linie im Umgang mit den AZ-Aktivisten ein.

Für Samstag rufen nun zahlreiche Gruppen zu einer Demonstration unter dem Motto »Für ein Autonomes Zentrum! – Alles muss man selber machen!« auf. Diese soll um 18 Uhr auf der Kölner Domplatte beginnen. Mitte April soll dann mit einer Veranstaltungsreihe und einer »Nachttanzdemo« das einjährige Bestehen des AZ gefeiert werden.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal