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Märchen vom Wettbewerb

Kommentar von Silvia Ottow

  • Lesedauer: 2 Min.

Mit der Schließung der City BKK haben wir wieder eine Krankenkasse weniger. Von 1990 bis heute hat sich deren Zahl bereits von 1200 auf 150 reduziert, und man kann wohl getrost davon ausgehen, dass es in absehbarer Zeit genau die Zahl der gesetzlichen Krankenkassen geben wird, die sich Politiker und Experten vorstellen: 30 bis 50. Das würde reichen, um einen vernünftigen Wettbewerb zu organisieren, heißt es.

Warum ausgerechnet diese Zahl? Vielleicht, weil damit das Märchen vom Wettbewerb im umlagefinanzierten und halbwegs solidarischen Gesundheitssystem noch eine Weile aufrecht gehalten werden soll. Bei einem nahezu identischen Leistungskatalog können sich die Kassen ja höchstens noch dadurch unterscheiden, ob ihre Mitarbeiterinnen in den Callcentern freundlich sind oder nicht. Allenfalls können gesetzliche Kassen noch ein Naturheilmittel oder einen Rückenschule mehr anbieten als die Konkurrenz; jeder Fernsehspot wird ihnen schon als Beitragsverschwendung angekreidet und eine Geschäftsstelle, in der man auch mal was fragen kann, ist ganz unmerklich zu einem Luxus geworden, den die Versicherten irgendwann ganz sicher mit Zusatzbeiträgen bezahlen.

Seit die Politik die Höhe des Einheitsbeitrages zur gesetzlichen Krankenversicherung bestimmt, sorgt sie dafür, dass der nicht zu hoch ausfällt, um die Arbeitgeber zu schonen. Die Unterfinanzierung der Krankenkassen ist gewollt, denn die wahren Kostensteigerungen können ja über Zusatzbeiträge problemlos den Versicherten aufgebürdet werden. Mit Wettbewerb hat das etwa so viel zu tun wie eine Papierschere mit dem Chirurgenbesteck.

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