Wahlen in Laos nicht ohne Überraschungen

Parlament zeigt mehr Selbstbewusstsein

  • Alfred Michaelis, Vientiane
  • Lesedauer: 3 Min.
In einem gebirgigen Land, in dem Straßen und Wege durchaus nicht in jedes Dorf reichen, dauert es naturgemäß etwas länger, bis Wahlergebnisse veröffentlicht werden können. So auch in Laos, wo am 30. April ein neues Parlament gewählt wurde, das siebte seit Gründung der Volksrepublik am 2. Dezember 1975.

Inzwischen sind die 3,2 Millionen Stimmen aus 6324 Wallokalen ausgezählt. Die 132 Abgeordneten, ausgewählt aus insgesamt 190 Kandidaten, stehen fest. Ursprünglich waren die Ergebnisse für den 3. Mai angekündigt worden, doch die Wahlkommission stellte die Resultate erst am 9. Mai vor. Kommissionsvorsitzender Saysomphone Phomvihane, Sohn des langjährigen Partei- und Staatschefs Kaysone Phomvihane, gab bekannt, dass die Stimmabgabe in freudiger Atmosphäre stattgefunden habe und dass 33 der gewählten Abgeordneten (25 Prozent) Frauen seien. Die Wahlbeteiligung lag offiziell bei 99,6 Prozent.

Da Laos seit 1975 nur eine politische Partei hat – die Laotische Revolutionäre Volkspartei –, ging es bei der Wahl um die Entsendung der fähigsten Persönlichkeiten ins Parlament. Das Wahlgesetz listet dafür eine Reihe von Kriterien auf, wobei in Artikel 12 die Hingabe zur volksdemokratischen Ordnung ebenso festgelegt ist wie die Treue zur Erneuerungspolitik der LRVP. Da bleibt kein Raum für Opposition. Auch das war ein Grund dafür, dass bei der Vorstellung der Kandidaten das Thema Parteimitgliedschaft keine Erwähnung fand. Immerhin kamen fünf der Kandidaten aus der privaten Wirtschaft. Wer von ihnen in die Nationalversammlung einzieht, dem ist allerdings Geschäftstätigkeit nicht mehr erlaubt.

Überraschungen blieben trotz aller Vorgaben nicht aus. So fiel der stellvertretende Parteichef und Vizegouverneur der Hauptstadt Vientiane, Somvandy Nathavong, bei den Wählern ebenso durch wie die in ihrem Wahlkreis auf dem ersten Listenplatz ins Rennen gegangene Botschafterin in Vietnam, Frau Sounthone Xayachack. Frau Sounthone ist Mitglied des Zentralkomitees der LRVP, was die Überraschung noch größer werden lässt. Andererseits schafften 16 der 17 Bewerber aus Armee und Polizei den Sprung ins neue Parlament.

In den unerwarteten Ergebnissen spiegeln sich vor allem ein gewachsenes Selbstbewusstsein und ein neues Rollenverständnis des Parlaments wieder, das nun auch von den Wählern honoriert wurde. Die Nationalversammlung versteht sich in wachsendem Maße als oberster Souverän der Staatsmacht und sieht sich durchaus dazu berufen, die Regierung als ausführendes Organ zu kontrollieren und zur Rechenschaft zu ziehen. So kam es in jüngster Vergangenheit zu lebhaften Diskussionen, als Minister zur Rede gestellt wurden, weil sie sich nicht an die Budgetvorgaben des Parlaments gebunden fühlten. Das war einer der Gründe, warum Premierminister Bouasone Bouphavanh im Dezember 2010 den Hut nahm. Dass ihm ausgerechnet der damalige Parlamentspräsident Thongsing Thammavong ins Amt des Regierungschefs folgte, sorgte für besonderes Augenmerk für die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Nationalversammlung und Regierung.

Die neue Rolle der Volksvertretung zog personelle Folgen schon bei der Aufstellung der Kandidaten nach sich. Der Erkenntnis folgend, dass sich die Regierung schlecht selbst kontrollieren könne, wurden weniger leitende Staatsangestellte, besonders Minister, als Parlamentsbewerber nominiert. Dafür sollte den Massenorganisationen eine größere Rolle zukommen. Auch um mehr Professionalität in der Parlamentsarbeit war man bemüht. So wurde die Zahl der Abgeordneten der kleinen Provinzen (unter 150 000 Einwohner) von drei auf fünf erhöht, von denen drei hauptsächlich ihrer Abgeordnetentätigkeit nachgehen sollen. Am Ende stellten sich jedenfalls nur noch 45 der bisher 115 Abgeordneten einer Wiederwahl.

Noch liegen keine detaillierten Abstimmungsergebnisse vor, doch ist zu hören, dass die Stimmenzahl für wenig bekannte Kandidaten aus zentralen Institutionen generell geringer ausfiel als erwartet. Die Wähler bevorzugten offenbar örtliche Bewerber, die sie kannten. Dem gültigen Wahlgesetz zufolge darf jedoch niemand zweimal hintereinander im gleichen Wahlkreis kandidieren.

ND-Karte: W. Wegener

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