»Links wirkt!«

Peter Erlanson (LINKE) über vier Jahre in der Bürgerschaft

  • Lesedauer: 4 Min.
Peter Erlanson ist Fraktionsvorsitzender der LINKEN in der Bürgerschaft und Mitbegründer der Bremer Attac-Gruppe. Er besuchte dieselbe Schule in Sulzbach am Taunus wie Roland Koch – und verlor gegen ihn die Wahl zum Schülersprecher.
Peter Erlanson ist Fraktionsvorsitzender der LINKEN in der Bürgerschaft und Mitbegründer der Bremer Attac-Gruppe. Er besuchte dieselbe Schule in Sulzbach am Taunus wie Roland Koch – und verlor gegen ihn die Wahl zum Schülersprecher.

ND: Herr Erlanson, was hat die LINKE in Bremen bewegt?
Erlanson: »Links wirkt!«, das konnte man in den vergangenen vier Jahren immer wieder erleben. Beispielsweise hätten SPD und Grüne nie einen Armuts- und Reichtumsbericht herausgegeben, wenn wir nicht immer auf die soziale Spaltung der Stadt hingewiesen hätten.

Die Linksfraktion also als soziales Gewissen der Stadt?
Unsere Kernkompetenz liegt in der sozialen Frage. Wir haben die rot-grüne Regierung unter anderem bei den Unterbringungskosten von Hartz-IV-Empfängern angegriffen. Dort wollte sie mit Hilfe dubioser Gutachten die Kosten drücken und den Leuten ihr Geld vorenthalten. Aber die LINKE hat zum Beispiel auch einen Antrag gegen die Weservertiefung eingereicht – ein eigentlich urgrünes Thema. Dass wir an den richtigen Themen dran sind, zeigt der Umgang mit unseren Anträgen. Sie wurden immer wieder von der Koalition quasi als Dringlichkeitsantrag übernommen. Als solcher wird dieser zuerst behandelt und unser Antrag ist praktisch vom Tisch. Das ist unschön, aber parlamentarisch legal.

Aber immerhin wird das Problem erkannt?
Wir haben im Laufe der Legislatur erlebt, dass sich die Landesregierung zwar eines Themas annimmt, es dann aber vor sich her schiebt. So spricht die grüne Finanzsenatorin Karoline Linnert gerne von einer Transparenz im Haushalt. Wir haben in Bremen freilich kein Ausgaben-, sondern ein Einnahmenproblem – und das will sie nicht anpacken, weil sie dazu den Reichen an den Geldbeutel müsste. Was nützt den Einrichtungen in der Stadt eine Klarheit, wenn sie dadurch nur wissen, dass ihre sozialen Projekte gestrichen werden?

Es geht also ums Geld?
Letztendlich geht es immer um die Finanzierung. Als LINKER sage ich: Wir kommen nur voran, wenn wir umverteilen. Damit ein Gemeinwesen wie Bremen wieder funktionieren kann, wollen wir endlich eine Steuergerechtigkeit. Das wollen die Grünen aber nicht. Und auch bei der SPD sitzt das Geld nicht locker. Während der Bund beispielsweise in den Bereichen der Arbeitsmarktförderung rigoros kürz, stehen die Sozialdemokraten da und weinen dicke Krokodilstränen – verweigern aber zugleich den Einsatz von Landesmitteln zur Finanzierung von Jobs.

Seitens der Landesregierung wird auf die verfassungsrechtlich verankerte Schuldenbremse verwiesen.
Das Problem ist nicht die Schuldenbremse selbst, sondern deren soziale Folgen. Wir leben in einer Klassengesellschaft in einer gespaltenen Stadt. Und jetzt sollen jedes Jahr noch 120 Millionen Euro zusätzlich eingespart werden. Im Grunde wissen auch die Sozialdemokraten nicht wirklich, wie sie das machen wollen.

Die LINKE ist mit sieben Abgeordneten gestartet und jetzt noch zu fünft: Sirvan Çakici wechselte zur SPD, der Bremerhavener Abgeordnete Walter Müller trat aus und bewirbt sich nun mit einer eigenen Partei um einen Parlamentssitz. Was ist passiert?
Es ist bekannt, dass es verschiedenste Querelen gab. Walter Müller hat sich letztendlich an der Aufstellungsversammlung und deren Ergebnis gestört. Wenn man ehrlich ist, muss man sagen, wir haben im Zuge der Kandidatenaufstellung mehrere Austritte gehabt. Das ist total schade, denn es waren einige Menschen dabei, von denen ich denke, die hätten wir in Zukunft gut gebrauchen können.

Fühlt sich ein Fraktionschef persönlich betroffen?
Das ist schwierig zu sagen. Bei Sirvan und Walter hatte ich das Gefühl, dass ihre Abwendung ein schleichender Prozess war. Ich kann aber auch Verständnis für Sirvan aufbringen. Ihr wurde von der Partei und von einzelnen Personen ziemlich viel zugemutet. Ich verstehe allerdings nicht, warum sie zur SPD gegangen ist. Ich hätte erwartet, dass beide ihr Mandat zurückgeben.

Sie selbst gehen als Fraktionsvorsitzender nur auf Platz 12 ins Rennen. Das ist recht weit hinten.
Im Prinzip ja. Und natürlich war ich von dem Ergebnis der Aufstellungsversammlung enttäuscht. Aber durch das neue Wahlrecht können Personen auch von Platz 12 aus nach vorne gewählt werden. Ich setze auf diese Direktwahl durch die Bürgerinnen und Bürger. Ich stehe zu dieser Partei und bin davon überzeugt, dass wir eine Partei links von der SPD brauchen – eine kämpferische und systemkritische Partei. Dafür will ich ein besseres Ergebnis als vor vier Jahren erreichen.

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