Thailand und Kambodscha: Grenzkonflikt eskaliert erneut

Die Waffenruhe zwischen Thailand und Kambodscha ist nach kurzer Zeit wieder Geschichte

  • Lesedauer: 3 Min.
Im thailändisch-kambodschanischen Grenzgebiet sind die Menschen erneut auf der Flucht.
Im thailändisch-kambodschanischen Grenzgebiet sind die Menschen erneut auf der Flucht.

Bangkok. Keine zwei Monate nach der Unterzeichnung eines Friedensabkommens ist der Konflikt in der Grenzregion von Thailand und Kambodscha erneut eskaliert. Die Nachbarländer beschuldigten sich gegenseitig, die Waffenruhe verletzt zu haben. Nach mutmaßlichen kambodschanischen Raketenbeschüssen und Luftangriffen von thailändischer Seite sind in beiden Ländern Opfer zu beklagen und Tausende Menschen auf der Flucht. 

Angesichts der Gewalt erklärte Thailands Ministerpräsident Anutin Charnvirakul am Montagnachmittag (Ortszeit) die gemeinsame Erklärung mit dem Nachbarland für nichtig, die unter Vermittlung von US-Präsident Donald Trump auf dem Asean-Gipfel Ende Oktober in Malaysia zustande gekommen war. Der Kanal für Verhandlungen mit Kambodscha sei geschlossen, sagte Charnvirakul thailändischen Medien zufolge. »Keine weiteren Verhandlungen. Wenn Kambodscha will, dass die Kämpfe aufhören, wird es unsere Forderungen erfüllen müssen«, sagte Anutin. 

Kambodschanische Medien berichteten von Beschüssen in mehreren grenznahen Dörfern in Kambodschas nordwestlicher Provinz Banteay Meanchey. Die thailändischen Streitkräfte hätten sowohl mit kleineren als auch mit schweren Waffen angegriffen und auf Wohngebiete gezielt, berichtete die »Khmer Times« unter Berufung auf das Verteidigungsministerium des Landes. Dem Bericht zufolge brach Panik in der Bevölkerung aus, Anwohner flüchteten aus ihren Häusern. 

Mindestens vier Zivilisten seien bei den Angriffen des thailändischen Militärs getötet und neun weitere verletzt worden, zitierten örtliche Medien Kambodschas Informationsminister Neth Pheaktra.

Auch auf thailändischer Seite entlang der Grenze wurde die Bevölkerung aufgerufen, sich in Sicherheit zu bringen. Die Armee rief alle Bewohner von Dörfern in Grenznähe zur Evakuierung in Schutzunterkünfte auf, wie die »Bangkok Post« berichtete. Demnach waren die Straßen von Grenzprovinzen wie Surin verstopft mit Fahrzeugen, die Menschen aus der Konfliktzone bringen sollten. Nach Darstellung des Militärs hatte es zuvor in vier thailändischen Provinzen an der Grenze Beschüsse von kambodschanischer Seite aus gegeben.

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Wie das Online-Nachrichtenportal Khaosod berichtete, soll Thailands Militär von einem weiteren Raketenbeschuss Kambodschas in der Nacht zum Dienstag auf Gebiete in Thailand ausgehen. Dem Medium zufolge kündigte die Armee an, jene Bedrohung »nach besten Kräften abzuwehren« und darauf zu reagieren.

Den thailändischen Luftangriff am frühen Morgen auf Gebiete nahe der Tempelanlage Prasat Preah Vihear bezeichnete das Verteidigungsministerium als Vergeltungsschlag, nachdem bei einem kambodschanischen Angriff im Grenzgebiet ein thailändischer Soldat getötet worden war. 

Der Hindu-Tempel Prasat Preah Vihear, der seit 2008 zum Unesco-Weltkulturerbe gehört, wird von beiden südostasiatischen Ländern beansprucht. Der Konflikt um den Zugang zur Tempelanlage und grundsätzlich um die Ziehung der 800 Kilometer langen Grenze beider Länder schwelt seit Jahrzehnten. 

Ende Oktober hatten die Nachbarländer nach schweren Kämpfen ihrer Streitkräfte im Grenzgebiet im Juli auf dem Gipfel der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean ein Friedensabkommen unterzeichnet. Doch bereits im November war die vereinbarte Waffenruhe nach einem neuerlichen Vorfall an der Grenze erst einmal ausgesetzt worden. AFP/nd

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