Teures Erinnern an feudale Zeiten

Niedersachsen plant Schau zum Königshaus

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.
Für rund 5,5 Millionen Euro will das Land Niedersachsen 2014 die historische Verbindung mit Großbritannien im Rahmen von Ausstellungen feiern, denn: Es war im Jahre 1714, als das in Hannover regierende Welfenhaus in Person von König Georg I. auch die Herrschaft über Großbritannien übernahm. Inzwischen regt sich Kritik an den Ausgaben zum 300-Jahre-Jubiläum, und auch Querelen um die beteiligten Museen gibt es.

Die Welfen, die von 1714 bis 1837 auch den Thron in Großbritannien inne hatten, dürften selbst Nicht-Adelskennern durch den derzeitigen Chef des Hauses bekannt sein: Prinz Ernst-August von Hannover, Ehemann von Caroline von Monaco. Im Laufe von Erbfolgen und Heiraten gab es Veränderungen rund um Britanniens Thron. Der Erste Weltkrieg trübte das Verhältnis zu Deutschland – seit 1917 nennen sich die Royals »Haus Windsor«.

Einen Vertreter jenes Hauses nun hatte Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) bereits im Sommer 2010 auf das Jubiläum in Hannover angesprochen: Thronfolger Prinz Charles weilte seinerzeit in Deutschland, um britische Soldaten zu besuchen. McAllister nutzte damals die Gelegenheit, dem Thronfolger die Einladung für 2014 zu überreichen.

Zwei Museen steigen aus

Eine »groß angelegte Landesausstellung« soll es 2014 geben – verteilt auf mehrere niedersächsische Museen. »Das Herzstück der Ausstellung, eine Vorstellung der fünf Könige, die während der Personalunion herrschten, wird im dann wiederaufgebauten Schloss in Hannover-Herrenhausen präsentiert werden«, heißt es aus der Staatskanzlei. Das 1821 vollendete Schloss an den königlichen Gärten von Hannover-Herrenhausen, das den Welfen als Sommerresidenz diente, war 1943 im Bombenkrieg zerstört worden. Seit Ende 2009 wird es neu erstellt. Das Projekt, das die VW-Stiftung für 20 Millionen Euro realisiert (im Innern wird ein Tagungszentrum geschaffen), soll Ende 2012 vollendet sein.

Nun ist bekannt geworden, dass zwei der Museen, die mitmachen sollten, wohl nicht mehr an der Landesausstellung beteiligt sein werden: Das Herzog-Anton-Ulrich-Museum in Braunschweig und das Schloss Wolfenbüttel. Zu Braunschweig zitiert die »Hannoversche Allgemeine Zeitung« den Historiker Arnd Reitemeier, Chef des Ausstellungsbeirates: »Braunschweig hat Konzepte vorgelegt, die zentrale Inhalte der Ausstellung nur bedingt aufgegriffen haben.« Das Schloss Wolfenbüttel halte sich zu den Gründen der Nichtteilnahme bedeckt, schreibt die Zeitung.

Bessere Verwendung

Die LINKE im Landtag hat die hohen Ausgaben für das Jubiläum kritisiert. Victor Perli, kulturpolitischer Sprecher der Fraktion, forderte, die Veranstaltung abzusagen. Die Personalunion der Königshäuser sei ein ungeeignetes Thema für eine Landesausstellung, weil sie die Verbindung von Hannover nach England darstelle und somit andere Regionen des Landes vernachlässige.

»Statt fünf Millionen Euro für die Ausstellung der regionalen Adelsgeschichte des 18. Jahrhunderts zu verwenden, sollte das Geld besser für heutige lebendige Kultur verwendet werden«, sagte Perli. Er warf Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) vor, sich nicht um die Öffnung der Museen zu kümmern. Dazu gehörten Null-Euro-Tickets für Jugendliche und Hartz-IV-Empfänger sowie der Ausbau museumspädagogischer Angebote. Auch die Soziokultur und jugendkulturelle Angebote würden ignoriert. »Auch da wären die fünf Millionen Euro wesentlich besser investiert«, so Perli. Ob ein Mitglied der königlichen Familie der Einladung nach Hannover folgen wird, ist nicht bekannt.

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