Kein Kniegelenk mit 80

Kommentar von Silvia Ottow

  • Lesedauer: 1 Min.

Der Prior der Ärzte tritt in diesen Tagen ab, aber die Priorisierungsdebatte – seit Jahren ein Lieblingsthema des scheidenden Bundesärztekammerpräsidenten – wird uns aller Wahrscheinlichkeit nach erhalten bleiben. Jörg-Dietrich Hoppe fordert die Politik seit Jahren auf, eine Rangliste der Behandlungen aufzustellen, nach der sich Ärzte richten können. Frei nach dem Motto: Wer über 80 ist, bekommt kein neues Kniegelenk mehr oder Schmerztabletten gibt es nur noch einmal im Jahr.

Seit Jahrzehnten haben die sogenannten Leistungsträger im Gesundheitssystem daran gearbeitet, dass den Patienten möglichst viel aufgeschwatzt wird: zweifelhafte Therapien, überflüssige Arzneien, unnötige Operationen. Denn an all diesen Dingen verdient irgendjemand ganz viel Geld – das Geld der Versichertengemeinschaft. Komischerweise kommt niemand auf die Idee, eine Priorisierungsdebatte über Arzneimittel zu führen, obwohl hier wahrscheinlich so viel Geld eingespart werden könnte, dass sich der Hoppesche Vorschlag erledigt hätte. Das Ergebnis wäre eine Positivliste, die vielleicht ein Zehntel der Mittel enthielte, die es derzeit auf Kassenkosten gibt. Übrigens ohne Schaden für den Patienten.

Die ganze Debatte ist schwer zu ertragen. Sie signalisiert begrenzte Ressourcen, schiebt den älter werdenden Menschen die Schuld daran in die Schuhe und tut so, als gebe es in diesem System nur medizinisch notwendige Leistungen. Wie verlogen!

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