Sonne stürmt und stört den Empfang

Forscher rechnen als Folge auch mit spektakulären Polarlichtern

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Ein ungewöhnlich heftiger Sonnensturm könnte in den nächsten Tagen den GPS-Empfang und die Stromversorgung auf der Erde stören. Es handelt sich nach Angaben des US-Wetterdienstes um die heftigste Sonneneruption sei 2006, die bis zum heutigen Donnerstag zu mittelschweren Störungen des Magnetfelds der Erde führen könnte. Womöglich müssen deshalb auch Flüge umgeleitet werden, die Forscher erwarten zudem spektakuläre Polarlichter.

Das Sonnenobservatorium der US-Raumfahrtbehörde NASA registrierte den Höhepunkt der Sonneneruption am Dienstagabend mitteleuropäischer Zeit. Bei einem solchen Ausbruch, der von Forschern als »koronaler Massenauswurf« (KMA) bezeichnet wird, werden elektrisch geladene Partikel ins All geschleudert.

Bei dieser Sonneneruption sei eine riesige Partikelwolke freigesetzt worden, meldete die NASA. Sie sei anschließend zurück zur Sonne gesunken und habe fast die halbe Sonnenoberfläche bedeckt. Die Eruption sei »ziemlich dramatisch« gewesen, berichtete der Projektleiter für die Vorhersage des Weltraumwetters beim US-Wetterdienst NWS, Bill Murtagh. Wie »das ganze Material von der Sonne hochgeschleudert wurde«, sei »faszinierend zu beobachten« gewesen«.

Auch die NASA wertete das Spektakel als »optisch eindrucksvoll«. Weil die Eruption aber nicht direkt auf die 150 Millionen Kilometer entfernte Erde gerichtet war, gehen die Experten davon aus, dass die Auswirkungen auf der Erde »eher gering« ausfallen werden. Der US-Wetterdienst NWS stufte die Sonneneruption ebenfalls nur in die mittelschwere Kategorie M-2 ein.

Auf der Erde könnte die Eruption den Angaben zufolge ab dem gestrigen Mittwochabend zu kleinen oder mittelschweren geomagnetischen Stürmen führen, die in der Regel zwischen 24 und 48 Stunden dauern. Dadurch könne es zu Störungen in Stromnetzen und bei der Satellitennavigation kommen. Möglicherweise müssten auch Flüge über die Polarregionen umgeleitet werden.

Besonders gefährdet sind Telekommunikationssatelliten oder die 20 000 Kilometer von der Erde entfernt im All kreisenden Satelliten des Navigationssystems GPS, von dem die moderne Luft- und Schifffahrt weitgehend abhängig ist. Große Sonneneruptionen und die dadurch entstehenden Sonnenstürme auf der Erde können auch negative Auswirkungen auf Elektronikgeräte haben.

Auch in Stromnetzen können Sonnenstürme Störungen verursachen. So führte 1973 eine Sonneneruption zu einem Stromausfall in der kanadischen Provinz Québec – sechs Millionen Menschen saßen damals im Dunkeln.

Als Folge des Sonnensturms rechnet die NASA auch mit spektakulären Polarlichtern am Mittwoch und Donnerstag. Polarlichter entstehen durch die Verformung des Erdmagnetfelds während eines Sonnensturms. Die geladenen Teilchen des Sonnenwinds strömen an den Feldlinien entlang zu den Erdpolen, wo sie Lichtbänder oder -bögen in verschiedenen Farben hervorrufen. Bei besonders starken Sonnenstürmen waren in der Vergangenheit wiederholt auch über Deutschland Polarlichter gesichtet worden. AFP

Unsere Sonne schwankt im Rhythmus von etwa elf Jahren zwischen ruhigen und besonders aktiven Phasen mit vielen Sonnenflecken, Gasausbrüchen und Strahlungsstürmen. Grund für die Schwankungen ist der Rhythmus des Gastransports in den Außenschichten der Sonne. Seit letztem Jahr steigt die Aktivität der Sonne wieder an. Während einer aktiven Phase treten vermehrt Sonnenflecken auf. Diese dunkleren Gebiete in der Sonnenatmosphäre bilden sich durch starke Magnetfelder: Normalerweise brodelt die Sonne wie Wasser im Kochtopf. Heißes Gas steigt nach oben, kühleres nach unten. Starke Magnetfelder können die sogenannte Konvektion lokal verhindern. An den betroffenen Stellen kühlt das heiße Gas etwas ab und wird dunkler.

Die mit den Sonnenflecken verbundenen starken Magnetfelder können große Gaswolken aus den Außenschichten der Sonne ins All schleudern. Diese sind elektrisch geladen und stören das Erdmagnetfeld, wenn sie die Erde kreuzen. Der daraus resultierende geomagnetische Sturm bleibt meist unbemerkt, schwere Stürme können jedoch Satelliten, elektrische Anlagen und Funkverbindungen stören oder sogar beschädigen. Für Menschen auf dem Erdboden ist das Phänomen nicht gefährlich.

Ein besonders starker Sonnensturm hatte am 1. und 2. September 1859 die gerade eingeführten Telegrafenleitungen lahmgelegt und Polarlichter erzeugt, die noch in Rom und Havanna sichtbar waren. dpa

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