Geld und (Ge-)Wissen

Kunstfälschungen

  • Marion Pietrzok
  • Lesedauer: 2 Min.

Kunst ist eine Ware. Welchen Wert diese hat, ihr Handelswert, wird in der Regel auf Auktionen bestimmt. Die großen Versteigerungshäuser wie Sotheby's oder Christie's schlagen dabei beträchtliche Mengen um. Allein Lempertz in Deutschland (hier führend, aber längst noch kein Riese) bringt jährlich mehr als zehntausend Lose zur Auktion. Der globale Kunstmarkt machte 2010 spektakuläre 43 Milliarden Euro Umsatz.

Mit Kunst als Geldanlage spekuliert es sich eben so schön. Außerdem schwirren arg viele (auch schwarze) Milliönchen frei herum, die wollen untergebracht sein, etwa für Klassiker der Moderne und die Alten Meister. Das Shopping im großen Stil hat aber auch einen Haken: Es hat große Hektik in der Geschäftsbranche ausgelöst. Jeder Auktionator will auf der Goldquellenwelle obenauf mitschwimmen. Nur, der Bedarf an den edlen alten Kunst-Stücken ist höher als das Angebot, schließlich wachsen ein Rembrandt, Picasso, Beckmann oder Warhol nicht nach.

Wie freut es da die Welt, wenn es auf dem per se begrenzten Markt mal eine Entdeckung gibt, ein unbekanntes oder bis dato verschollenes Werk eines wichtigen Künstlers – weil, wie weiland geschehen, eine Sammlung aus dem Verborgenen auftaucht. So ist die des berühmten Kunsthändlers Alfred Flechtheim, der 1933 vor den Nazis nach Paris geflohen und 1937 in London gestorben ist, zu erheblichen Teilen bis heute verschwunden.

Das machte sich etwa Mitte der 80er Jahre ein hochbegabter Künstler zunutze, gemeinsam mit seiner Ehefrau, diese wiederum hochbegabt im Handel, und weiteren Gleichgesinnten. Sie woben die Legende, der Großvater der Frau, der Kölner Werner Jägers, habe von Flechtheim Kunstwerke erworben und während der Nazi-Zeit versteckt. Über die Jahre hinweg boten sie diese über Galerien und Auktionshäuser in ganz Europa zum Verkauf an. Ihr Leben führten sie fortan luxuriös. Bis zum Ende, nämlich Ende August letzten Jahres. Seitdem sitzen sie hinter Gittern: das Kölner Ehepaar Helene und Wolfgang Fischer-Beltracchi, die Erfinder der »Sammlung Jägers«, plus Compagnon.

»Banden- und gewerbsmäßigen Betrug« und andere unschöne Dinge müssen sie sich vorwerfen lassen. Ihr »Verdienst«: Sie haben den wohl größten Kunstfälscherskandal der Nachkriegszeit ausgelöst. Nach der sukzessiven Enttarnung der nichtexistenten »Sammlung Jägers« könne jetzt, im Spätsommer, vermutet der »Spiegel«, das Verfahren gegen das Paar Beltracchi und vermutliche Komplizen vor Gericht kommen.

Wer, neben den getäuschten Käufern, in diesem Superkrimi letztlich den Schaden hat, steht auf einem anderen Blatt, nach dem Prozess.

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