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Schlagende Volksgemeinschaft

Im internen Machtkampf des Deutschen Burschentages verliert die extreme Rechte eine Runde

  • Jörg Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.
Interne Streitigkeiten bei der Deutschen Burschenschaft (DB) sorgen seit Tagen für Wirbel, auch über die DB hinaus: Eine Bonner Verbindung wollte einen Deutschen mit chinesischen Eltern ausgeschlossen wissen – denn Deutschsein ist für die Burschen Abstammungssache.
Deutsche Pracht und Herrlichkeit
Deutsche Pracht und Herrlichkeit

Im Vorfeld ihres jährlichen Treffens auf der Wartburg in Eisenach bemühen sich die Burschenschaften um Schadensbegrenzung. Seit Unbekannte interne Papiere der DB im Internet veröffentlicht hatten, sieht sich der Rechtsausleger der deutschen Studierendenverbindungen scharfer Kritik ausgesetzt. Es geht um die Folgen eines Rechtsgutachtens, das im Februar im »Nachrichtenblatt« der DB erschienen war. Darin wird festgelegt, wer als Deutscher gilt und wer nicht.

Konkret heißt das: »Personen mit mehrheitlich außereuropäischen Vorfahren sind unter Hinweis auf die Abstammungsgemeinschaft eines Volkes ... keine Angehörigen des deutschen Volkes.« Auf dieser Basis beantragte die »Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn« den Ausschluss einer Mannheimer Burschenschaft, weil die einen Mann in ihren Reihen hat, der zwar hier geborener Deutscher ist, aber chinesische Eltern hat.

Für die Bonner Burschen ein Unding. Schließlich weise »eine nichteuropäische Gesichts- und Körpermorphologie auf die Zugehörigkeit zu einer außereuropäischen populationsgenetischen Gruppierung« hin. Im Folgeantrag heißt es: »Besonders in Zeiten fortschreitender Überfremdung ist es nicht hinnehmbar, dass Menschen, welche nicht von deutschem Stamme sind, in die DB aufgenommen werden.«

Der Publizist Jörg Kronauer arbeitet seit den 90er Jahren zu studentischen Verbindungen. Für ihn ist der Streit in der DB ein Ausdruck interner Flügelkämpfe. »Es gibt innerhalb der DB einen konservativen und einen äußerst rechten Flügel«, sagt er gegenüber ND. »Die Rechten haben sehr offene Flanken zum Rechtsextremismus.« Zum einen gebe es eine längerfristige Tendenz, so Kronauer. Der rechte Flügel habe seit den 90er Jahren die Mehrheit und könne die Politik des DB bestimmen. Vor einigen Jahren hätten im konservativen Flügel Diskussionen angefangen, auch »Passdeutsche« aufzunehmen – ein Ausdruck des sich über die Jahre ändernden deutschen Staatsbürgerschaftsrechtes weg vom »ius sanguinis« (Recht des Blutes, nach Abstammung) zum »ius solis« (Recht des Bodens, nach Gebutsort). Damals wurde vom rechten Flügel noch in der NPD-Postille »Deutsche Stimme« geätzt, dass man dann auch den Sohn Michel Friedmans oder den Enkel Roberto Blankos aufnehmen müsse, dieser Vorschlag jedoch »keine Chance« habe.

Die Kritik an dem rassistischen Bonner Antrag wurde die Woche über immer lauter – auch extern, so forderten die Jusos einen Unvereinbarkeitsbeschluss von SPD- und DB-Mitgliedschaft, der im Jahr 2006 noch am Parteivorstand gescheitert war. Ein »Alter Herr« aus einer DB-Burschenschaft äußerte im »Spiegel« per Brief im Geiste Max Liebermanns: »Ich kann gar nicht so viel trinken wie ich kotzen möchte«. Das die DB nun zurückruderte, ist für Kronauer ein Zeichen von eher strategischen Auseinandersetzungen auch unter den Rechten. »Die Einen wollen nach ganz rechts, denen ist es egal, ob der konservative Flügel auf der Strecke bleibt.« Den Anderen gehe es eher um die langsame Verschiebung der Politik nach und auch um die Stärke der DB als Verband. »Es ist eben von den Mitgliedsbeiträgen her ein Unterschied, ob ich 10 000 Alte Herren habe oder 7000.« Berichten der letzten Tage, wonach die DB einen Rechtsruck verhindern wolle, widerspricht Kronauer damit.

Am Donnerstag hatte DB-Sprecher Michael Schmidt laut dpa noch gesagt, über den Streit sei auch eine Spaltung der DB »denkbar«, am Freitag hies es per Mitteilung, es seien »versöhnliche Gespräche« geführt worden, der Streit sei beigelegt, und der Antrag auf Ausschluss der Mannheimer sei »satzungswidrig« gewesen. Eine Distanzierung von den deutlich rassistischen Tönen der Bonner Burschenschaft gab es allerdings nicht. Man soll ja auch nicht gleich ein Wunder erwarten.

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