Ein Urwald braucht Zeit

Der junge Nationalpark Eifel zieht erste Bilanz

  • Silke Silberer, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.
Inventur im Nationalpark: Was wächst wo wie stark? Die laufende Bestandsaufnahme zeigt, wie jung das Schutzgebiet in der Eifel noch ist.

Gemünd. Den ganzen Sommer über werden die Biologen Olaf Denz und Klaus Striepen mit der ersten Bestandsaufnahme im Nationalpark Eifel beschäftigt sein. 1700 einzelne Punkte müssen sie anlaufen und auswerten: Was wächst hier und wie viel? Inventur der Natur, das geht nicht vom Büro aus per Computer. Die Daten müssen alle erlaufen werden.

Für die Inventur haben Experten ein virtuelles Netz über den Nationalpark gespannt und 1700 Stichproben-Punkte festgelegt. Die Punkte liegen 250 Meter auseinander und sind nicht immer einfach erreichbar. Die Fachleute erfassen dort Kräuter, Gräser, Moose, Flechten und Gehölze.

Die Daten sind so etwas wie die erste wissenschaftliche Porträtaufnahme des Nationalparks. »Die Inventur wird alle zehn Jahre wiederholt«, sagt Hans-Joachim Spors von der Forschung des Nationalparks. Wenn die Fachleute diese »Aufnahmen« später nebeneinander legen, sehen sie, wie sich das Schutzgebiet verändert hat.

Der 2004 gegründete Nationalpark Eifel ist eines von 15 deutschen Großschutzgebieten der strengsten Kategorie und schützt Buchenwälder in Mittelgebirgslagen. Er gehört zu den kleineren Nationalparks.

Das 110 Quadratkilometer große Schutzgebiet südlich von Aachen soll sich zur Wildnis entwickeln. Auf lange Sicht bleiben mindestens 75 Prozent der Fläche vom Menschen unberührt. Selbst wenn ein Orkan wie Kyrill die Bäume reihenweise umreißt, wird das Holz nur noch in Ausnahmen weggeräumt.

Treffpunkt am Punkt 199: Bäume, Sträucher, Farne, Kraut, jede Menge Wild-Losung – der Laie würde von Tierkötteln sprechen. Ganz viel Natur also, Stadtmenschen würden das sogar als Wildnis bezeichnen. Doch das Waldstück ist ein Fichtenwäldchen, doch die Natur hätte an dieser Stelle Buchen wachsen lassen. Der Standort ist ideal: Nicht zu nass und nicht zu trocken, relativ milde Winter – passt haargenau. Die Idee mit den Fichten, die hatten vor rund 100 Jahren die Preußen. Sie pflanzten die schnell wachsende Fichte, weil sie viel Holz bringt.

Um den Wald an dieser Stelle aufs richtige Gleis zu bringen, hat der Nationalpark auf dem Areal junge Buchen gesetzt. Wenn die groß genug sind, werden die Fichten geschlagen. So wird das an vielen Stellen des Schutzgebietes gemacht. Bis 2034 sollen 500 000 Kubikmeter Holz geschlagen werden, sagt Spors. Der Park wird sich verändern – über Generationen: Jetzt noch mit Hilfe des Menschen, später weitgehend ohne.

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