Indiens Premier poliert den Ruf des Kabinetts

Umweltminister Jairam Ramesh eckte zu oft an / Opposition nennt Umbesetzungen wirkungslos

  • Henri Rudolph, Delhi
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit einer Regierungsumbildung will die in Indien regierende Vereinte Progressive Allianz (VPA) ein Zeichen zur Verbesserung ihres durch Korruptionsskandale ramponierten Ansehens setzen.

Der Generalsekretär der KP Indiens (Marxistisch), Prakash Karat, hatte gerade festgestellt, dass die Regierung unter Manmohan Singh (Kongresspartei) in einer Serie von Korruptionsfällen die Orientierung verloren habe und sich wachsendem Druck der Zivilgesellschaft ausgesetzt sehe.

Zu einer ähnlichen Einschätzung muss auch die Kongresspartei selbst gekommen sein. Deshalb die Kabinettsumbildung. Die Schlüsselressorts blieben unangetastet, fünf schwächelnde Kabinettsminister und zwei Staatsminister wurden jedoch gefeuert, andere wurden umgesetzt. Acht neue Leute sollen frischen Schwung in die alte Garde bringen.

Die rechte Indische Volkspartei (BJP) sprach freilich von einer wirkungs- und richtungslosen Übung, die KP Indiens von einem fruchtlosen Manöver, in dem vor allem der agile Umweltminister Jairam Ramesh einen Nasenstüber bekam. Der Regierungschef versetzte ihn in das Ressort Ländliche Entwicklung und beförderte ihn zugleich vom Staats- zum Kabinettsminister. Ramesh machte gute Miene zum Postenwechsel: Er sei »erfreut« über die Beförderung.

In seiner zweijährigen Amtszeit als Umweltminister war er ständig bei Unternehmern, Investoren, Politikern und in jüngster Zeit auch bei Umweltaktivisten angeeckt. Großindustrielle nannten ihn einen »Wachstumsblockierer«, weil er eine Reihe von Projekten gewissenhaft auf ihre Umweltverträglichkeit prüfen ließ und etlichen die Genehmigung verweigerte. Dazu gehören der riesige Stahlkomplex des südkoreanischen Konzerns POSCO, das Atomkraftwerk Jaitapura, Vedantas Aluminiumraffinerie in Orissa und der Flughafen Navi Mumbai.

Der Minister führte einen neuen Arbeitsstil ein, indem er vor Entscheidungen auch die Betroffenen – meistens in einfachen Verhältnissen lebende Menschen in den Stammesgebieten – konsultierte und seine Beschlüsse öffentlich begründete. Er initiierte ein »Nationales Grünes Tribunal«, das sich mit Verstößen gegen den Umweltschutz befassen soll. Nicht zuletzt engagierte er sich für den Artenschutz. »Die Tiger werden ihn vermissen«, kommentierte Rajesh Gopal von der Nationalen Tigerschutzbehörde den verordneten Ressortwechsel Rameshs.

Umweltaktivisten, die ihn anfangs als »grünen Retter Indiens« lobten, äußerten sich indes zunehmend kritisch. Für jedes abgelehnte Großprojekt habe er hunderte andere genehmigt. Als bereits vor Monaten das Gerücht von seiner Versetzung auftauchte, wurde er deutlich kompromissbereiter gegenüber der Industrie. So stimmte er schließlich »Mittelweglösungen« für POSCO, Jaitapura und Navi Mumbai zu. Erwartet wird, dass seine Nachfolgerin Jayanthi Natarajan diesem Kurs folgt.

Auch Jairam Rameshs neues Ressort hat aber Gewicht, leben doch rund zwei Drittel aller Inder auf dem Lande in überwiegend bescheidenen bis miserablen Verhältnissen. So sind Verbesserungen beim ländlichen Beschäftigungsprogramm, von dem eigentlich Millionen Inder profitieren sollen, dringend erforderlich. Jairam Ramesh traut man zu, das in den Griff zu bekommen. Immerhin hätte die Regierungsumbildung dann doch noch einen Effekt.

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